Das Paradies im Interview über die Goldene Zukunft

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Während die Sonne schien und im Hintergrund Kala Brisella spielten, sprach ich mit Florian Sievert über sein aktuelles Projekt „Das Paradies“ und sein am 24. August erscheinendes Debütalbum „Goldene Zukunft“.

Das Paradies im Interview 2018

© Marco Sensche

Das Paradies im Interview 2018

© Marco Sensche

Deine Texte sind nachdenklich haben aber gleichzeitig immer eine gewisse Portion an Optimismus – würdest du dich selbst als optimistischen Menschen bezeichnen?

Florian: Ich sag’ mal weder noch als Antwort. Ich versuche mir von dem Testosteronhaushalt der Welt nicht den Optimismus nehmen zu lassen. Mir fällt zu der Frage in letzter Zeit immer ein psychologischen Experiment ein. Zwei Gruppen von Menschen werden Bilder auf einem Monitor gezeigt. Eine der beiden Gruppe hat während des Experiments ein Stift zwischen den Menschen, so dass sie gezwungen werden zu lächeln. Diese Gruppe hat die Bilder als viel positiver empfunden. Ich weiß allerdings nicht, was dieses Experiment einem sagen soll. Vielleicht „Smile and the world smiles with you“. Aber gleichzeitig hatte dieses Experiment auch etwas sehr merkwürdiges.

Hattest du als du die Songtexte geschrieben hast schon das Ziel gewissermaßen eine positive Stimmung zu vermitteln?

Florian: Ich hatte eigentlich überhaupt gar kein Ziel.

Herzmukke: Aber auch der Albumtitel und der Name des Projektes passen ja irgendwie zusammen.

Florian: Das hat sich alles so ergeben. Vielleicht ist es ja so, wenn man sich über eine Zeit lang mit einer Sammlung von Liedern beschäftigt, dass automatisch nachher das Gefühl entsteht, dass alles irgendwie zusammen Sinn ergibt. Es ist aber weit entfernt von Konzepthaftigkeit.

Wie gut kann eine Zukunft sein, deren einziges Attribut ist, dass man weiß, dass sie aus Gold ist?

Herzmukke: Vielleicht ist es dann ja doch irgendwie ein Zeichen, dass du ein Optimist bist?

Florian: Ich find’ auch den Albumtitel gar nicht so optimisch. Klar, die ersten reflexartigen Assoziationen, die man mit der Phrase „Goldenen Zukunft“ hat, sind bestimmt etwas Positives und das ist auch gut so. Aber eine der vielen Fragen, die vielleicht im zweiten Nachgang entstehen, könnte auch sein: Wie gut kann eine Zukunft sein, deren einziges Attribut ist, dass man weiß, dass sie aus Gold ist? Im Nachhinein finde ich an dem Titel spannend, dass er etwas Ambivalentes nicht ausschließt.

Herzmukke: Wann war dir klar, dass das der Albumtitel wird?

Florian: Erst vor kurzem, weil das Lied und das was ich gerade beschrieben habe ganz gut auf viele Lieder auf der Platte zutrifft.

Herzmukke: War dir auch schon klar, dass die Songs der EP und die Songs von der Single im Vorfeld auch auf dem Album sein werden?

Florian: Ja, das fand ich schon gut, dass das einfach so als Sammlung da ist.

Herzmukke: Du wurdest schon häufig zu dem Thema deutsche und englische Texte (bei deiner zweiten Band Talking To Turtles) in vorheriges Interview befragt. Aber hast du selbst vorher viel deutschsprachige Musik konsumiert bzw. wie ist allgemein deine Beziehung zu deutschsprachiger Musik?

Florian: Ich habe bis vor einigen Jahren zum großen Teil englische Musik gehört. Deutschsprachige Musik war nicht so präsent in meinem Umfeld.

Herzmukke: Hat dich etwas abgeschreckt? Oder wieso war das so?

Florian: Nein, ich weiß auch nicht genau. Das ist auch oft die Frage wie Musik an einen heran kommt, über Freunde oder über andere Quellen. Manche Musik macht etwas mit einem, andere nicht. Das hat sich aber in den ganzen Jahren geändert. Natürlich gibt es ganz viel ganz tolle deutschsprachige Musik.

Herzmukke: Gibt es bestimmte Texter, die dich inspiriert haben?

Florian: Es würde etwas anmaßend klingen. Wenn man sagt, dass man von nichts inspiriert wurde. Natürlich hat man seine Geschmäcker und Musik, die man hört. Spätestens unbewusst, passiert das man sich etwas aus anderer Musik raus nimmt. Oder im Gegenteil, dass man sich denkt, dass gefällt mir nicht, das macht nichts mit mir. Ich könnte aber gar keinen spezielle Texterin oder Texter nennen.

Herzmukke: Was waren die Bands oder Künstler, die du gehört hast, als du angefangen hast mehr deutschsprachige Musik zu hören? Gab es da einen speziellen Moment oder hat sich das langsam entwickelt?

Florian: Querdurch, immer wenn Freunde zu mir meinten, höre dir das mal an. Ein buntes Potpourri aus den vergangen Jahrzehnten. Von Udo Lindenberg über Hildegard Knef oder Christiane Rosiger bis zu Ja Panik. Verschiedenes. Es gibt viele tolle Musik, die ich noch hören kann und nicht gehört habe.

Herzmukke: Deine EP kam als Vinyl exklusiv zum Record Store Day raus. Wie konsumierst du Musik? Bist du Schallplatten-Fan oder ist dir das Medium egal?

Florian: Nein, natürlich ist es wunderschön eine Platte in der Hand zu haben. Das sagt wahrscheinlich jeder wenn er an eine Vinyl denkt. Aber ich höre selbst hauptsächlich digital Musik. Wenn ich aus Fantum eine Platte kaufe, dann hab ich die Platte und freue mich darüber. Allerdings steht sie dann auch eincellophaniert im Regal und ich gucke sie ab und zu an. Ich find es aber toll, dass wieder viele Leute Lust haben auf Platten. Aber ich find allerdings auch nicht, dass es so viel geiler klingt. Ein Song wird nicht besser nur weil er auf Vinyl ist.

Herzmukke: Glaubst du, dass durch den digitalen Konsum bei dem man eher dazu neigt Songs einzeln zu hören oder ganze Songs zu überspringen ein Album vielleicht nicht mehr die Relevanz hat wie vor 20 oder 25 Jahren?

Florian: Man sagt, dass es so ist, dass der Musikhörer heute eher Playlisten konsumiert. Ich für meinen Teil höre lieber Alben als Playlists. Für mich ist das Album ein schönes Medium. Vielleicht ist es auch eine sozialisierte Perspektive als Musiker darauf. Manchmal höre ich aber auch Playlists von Freunden um Neues zu entdecken. Ich tue mich aber immer noch damit schwer Neues zu entdecken. Ich hab da immer noch nicht den optimalen Kanal für mich entdeckt. Da mag ich z.B. Streaming-Möglichkeiten sehr gerne.

Herzmukke: Du hast auf deiner Platte auch in zwei deiner Songs Fußball-Referenzen – bist du selbst Fußball-Fan?

Florian: Gar nicht. Bis zu meinem 16. Lebensjahr kannte ich so ziemlich jeden Spieler in der ersten Bundesliga. Seitdem interessiert es mich aber überhaupt nicht mehr.

Herzmukke: Aber es hat dann als Bild gepasst?

Florian: Ich überlege auch gerade. Das Golden Goal gab es nicht so lange. Das ist schon etwas Besonderes. Wenn ich im Stadium bin, find ich die Zuschauer fast interessanter als das Fußballfeld.

Herzmukke: Bei dem Song „Es gab so viel was zu tun war“ sind die dort erwähnten Namen fiktiv oder echt?

Florian: Es ist eine Mischung aus echten und fiktiven Personen. Aber selbst wenn es echte Personen sind, ist es weniger autobiografisch als man denken mag. Ich hab mal ein Interview über einen Songschreiber gelesen. Er meinte, dass er die Perspektive mag, wenn er einen Song als Werkstück vor sich hat im übertragenen Sinne. Ich weiß nicht, ob ich es immer selbst hinkriege. Aber ich mag die Perspektive, weil man dadurch ein bisschen Distanz zu dem Lied gewinnt. Es ist also nicht immer eine eindeutige Verbindung zwischen der eigenen Identität und dem Song.

Herzmukke: Also agierst du lieber als Beobachter?

Florian: Vielleicht ja. Natürlich bedient man sich immer aus dem, was man erlebt. Es muss aber nicht jede Zeile autobiografisch sein. Ich finde es ganz gut, dass man sich als Hörer auch immer bewusst wird, dass es einen Unterschied gibt zwischen dem, der das Lied vorträgt und dem lyrischen Ich. Wenn ich singe, ich sehe eine goldene Zukunft, meint es nicht unbedingt mich.

Herzmukke: Gab es Reaktionen von den Leuten über die du singst, die nicht fiktiv sind?

Florian: Nein, nicht wirklich. Manchmal sind Leute im Raum, die die gleichen Namen haben. Dann gibt es einen kleinen Blickkontakt ohne aber dass es da eine inhaltliche Verbindung gäbe.

Herzmukke: Du hast vorhin vor deinem eigenen Auftritt auch schon mit in der Kirche gespielt. Woher kennt ihr euch?

Florian: Das ist Rudi Maier, er nennt sein Projekt Burkini Beach. Wir kennen uns schon sehr lange.  Seine andere Band The Dope ist auf dem gleichen Label wie meine andere Band Talking To Turtles. Simon, der sowohl Keyboards bei Burkini Beach als auch bei Das Paradies spielt, hat schon Platten von uns gemischt. Dadurch kennen wir uns alle drei schon seit langer Zeit.

Herzmukke: Was verbindest du mit dem Jenseits von Millionen?

Florian: Ich war mit den Talking To Turtles schon ein paar Mal hier. Wir kennen die Leute, die das Festival organisieren. Ich find es sehr schön, dass sie auch Das Paradies eingeladen haben. Ich mag die Stimmung hier – dieses familiäre.

Video: Das Paradies – Ein schönes Unentschieden

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Hi, ich bin Jonas ...

und seit frühester Kindheit großer Musikfan. Angefangen mit den väterlichen Platten der Beatles, entdeckte ich später Oasis und die Arctic Monkeys. Seitdem laufen wöchentlich die neuesten Indie-Songs durch meine Kopfhörer. Ab und zu sogar nicht-britisch und ohne Gitarre. Wenn ich nicht gerade auf Konzerten bin, schreibe ich meine Masterarbeit oder versuche Gitarre spielen zu lernen. Hilfe gerne willkommen!

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