Mit ihrem vierten Album „The Dream“ liefern die britischen Hipster-Boys von alt-J sicherlich einer der meisterwarteten Indie-Platten des Jahres ab. Doch das scheint die Band nicht weiter aus der Ruhe zu bringen. Wir haben reingehört.
Frisch, leichtfüßig und wahnsinnig clever
Wenn alt-J ein neues Album herausbringen, weiß man, dass die Indie-Welt aus dem Häuschen sein wird. Die Erwartung sind enorm: Mit ihrem bahnbrechenden Debütalbum „An Awesome Wave“ von 2012 landete die britische Art-Rock-Band nicht selten auf den Top-Plätzen der besten und einflussreichsten Album des Jahrzehnts. Es folgten zwei weitere Platten, die sowohl absolute Kritiker-Lieblinge waren, als auch die Gunst der Fans aufrecht erhalten konnten – ein Spagat, der nicht allzu vielen Bands gelingt. Nun, fünf Jahre nach „Relaxer“, wird also das neuste Exemplar auf die Welt losgelassen. Und, werden die Erwartungen erfüllt? Die Antwort lautet ganz eindeutig: Ja.
alt-J wissen einfach, was sie tun. „The Dream“ ist wahnsinnig clever. Sounds, Arrangements, Texte, Produktion – alles sitzt. Und das wissen sie auch. Mit großem Selbstbewusstsein und völliger Gelassenheit machen alt-J ihr Ding und lassen sich nicht im Geringsten aus der Ruhe bringen. Das Ergebnis ist ein Album, das weniger wie ein nerdiges Bastelkeller-Projekt wirkt, sondern einfach Spaß macht. Besonders nach dem etwas schwer verdaulichen, verkopften „Relaxer“ klingt das Neulingswerk frisch und leichtfüßig.
Ein sommerliches Roadtrip-Album
Besonders stark wird das Album immer dann, wenn die Band neckisch mit der Hörgewohnheit und -erwartung spielt. Immer wieder durchbrechen alt-J ihre Songs mit pointiertem Humor, sowohl textlich als auch klanglich. Es ist schwer, Songs wie „Hard Drive Gold“ oder „The Actor“ ohne ein Schmunzeln durchzustehen. Dabei tut es dem Gesamtwerk gut, dass die Jungs ihre Musik nicht immer allzu ernst zu nehmen scheinen und einfach Spaß an der Sache haben. „The Dream“ ist alt-Js sommerliches Roadtrip-Album durch die USA.
Was in der Folge heraussticht, ist die Single „Get Better“ als einzig unverspielter Song mit einer klassischen Struktur und reduzierten Instrumentierung. Man fühlt sich unweigerlich an „Mathilda“ auf dem Debüt erinnert. Das zarte Liebeslied lässt mehr Nähe und persönliche Einblicke zu, nicht zuletzt mit einer privaten Tonaufnahme am Ende. „I still pretend you’re only out of sight in another room, smiling at your phone„, wiederholt Leadsänger Joe Newman immer wieder. Auf einem sonst so lässigen, kecken Album wird der Track zum nötigen Ruhepol in der Mitte.
Bleibt am Ende die Frage: Ist „The Dream“ so bahnbrechend wie einst „An Awesome Wave“? Sicherlich nicht. Aber ich kann schon jetzt prophezeien, dass auch Album Nummer 4 wieder einen Top-Platz auf unzähligen Jahres-Bestenlisten erklimmen wird. Und ich finde, da ist „The Dream“ auch goldrichtig aufgehoben.