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So war es bei der zweiten Ausgabe des Lollapaloozas

Ein Beitrag von Jonas
vom

Irgendwann Ende 2014 zischte die Nachricht durch die deutsche Popkulturwelt, dass das Lollapalooza, das glorreiche US-amerikanische Festival in Berlin einen europäischen Ableger bekommt. Doch der erste Durchlauf im September letzten Jahres war nur bedingt ein Erfolg. Vor allem an der Versorgung der Grundbedürfnisse haperte es an vielen Ecken. Schaffen es die Organisatoren die zweite Version des Lollapaloozas erfolgreicher zu gestalten? Wir waren im Treptower Park und haben die Atmosphäre des Festivals für euch eingesaugt.

Lollapalooza – viele Fehler wurden ausgemerzt

Sonnenuntergang über dem Lollapalooza
© Jonas Amelong // Sonnenuntergang über dem Lollapalooza

Einer der wesentlichen Fehler der ersten Ausgabe des Lollapaloozas waren die Engpässe an vielen Stellen. Schon beim Einlass bildeten sich endlos lange Schlangen und auch auf dem Gelände war es nicht besser. Die Toilettensituation war eine Zumutung und auch bei den Essensständen mussten die hungrigen Mäuler lange auf Versorgung warten. So viel ist gesagt. Das Lollapalooza 2016 macht vieles besser. Es wurde gefühlt eine halbe Stadt aus Toiletten errichtet. Die kulinarische Versorgung gestaltete sich deutlich stressfreier. Über 60 Stände boten für jeden das Richtige – auch ohne lange Wartezeiten. Also alles besser beim zweiten Durchlauf?! Das kann man nicht voll und ganz sagen. Der mit viel Kritik begleitete Umzug vom Tempelhofer Feld in den Treptower Park sorgte dafür, dass das Festival noch mal kräftig wuchs. 70.000 Besucher waren dieses Jahr auf dem Festival und das merkte man. Gefühlt waren das doch bestimmt 10 bis 15 Prozent zu viel. Gerade bei den Mainacts wurde es mächtig eng und immer wieder kam es zum Stau, wenn man von einer Bühne zur anderen wollte. Das Festival im Treptower Park war also alles andere als ein Festival der kurzen Wege. Für Menschen, die sich viele verschiedene Acts auf unterschiedlichen Bühnen anschauen wollen, sicherlich nicht zu 100 Prozent optimal.

Another One Bites The Dust – eine staubige Angelegenheit

Doch das war nicht das einzige Problem. Aufgrund der niederschlagsarmen Vorwochen, war der Park mächtig trocken. Die ungewohnte hohe Anzahl an Menschen sorgte dafür, dass viel Staub aufgewirbelt wurde. Überall hörte man Menschen husten und niesen. Die großen Staubwolken sorgten dafür, dass teilweise auch die Sicht eingeschränkt wurde. Wahrscheinlich hätte man das Gelände vor dem Festival ein mal kräftig wässern sollen. So viel erstmal zu den allgemeinen Dingen

Samstag – Catfish & The Bottleman rocken das Festival

Für uns startete das Festival-Wochenende am Samstag auf dem Floß von Musikdurstig. Im kleinen Rahmen mit 30 Personen ging es bei Bier und Sonnenschein auf der Spree bis zur Oberbaumbrücke. Natürlich durfte auch die musikalische Untermalung. Für die sorgte Havington mit ihrem entspannten Indie-Folk, die im Vorfeld einen Contest gewonnen hatten. Anschließend ging es auf das Gelände des Lollapaloozas und es begann gleich mit einem der Highlights des Wochenendes. Catfish & The Bottlemen – die walische Band rund um Van McCann, die dafür bekannt, ist auf dem schmalen Grat zwischen Genialität und Divenhaftigkeit zu balancieren, erwischte einen ihrer glorreichen Tage. Musik wie aus der glorreichen 2005er-Ära, die auch 2015 noch lebhaft und spritzig wirkt! Nun schnell ein mal übers Gelände zur Alternative Stage zur Jagwar Ma gespurtet und noch ein bisschen was vom australischen Pottpüree aus Dance-Music und Indie Rock erhascht. Die Jungs haben es definitiv drauf. Eine Band, die man auf dem Schirm haben sollte. Anschließend waren die Indie-Haudegen von den Kaiser Chiefs an der Reihe. Live hat es die Band aus Leeds immer noch drauf, was vor allem am Frontmann Ricky Wilson liegt – der eine wahre Rampensau ist. Zwar hörten sich die neuen Songs live besser an als die Aufnahmen, aber die Kaiser Chiefs gehören leider auch zu den Bands, die in den Jahren immer schwächer wurden. Aber bei „Ruby“ oder den anderen Klassikern kann niemand die Stimmbänder still halten.  Anschließend war es Zeit für eine kurze Pause, um danach mal einen (und meinen einzigen) Abstecher zur Perry Stage zu machen. Nach zehn Minuten The Chainsmokers verließ mich die Hoffnung an die Menschheit. Es war Zeit die Flucht zu ergreifen. Es war Zeit für Kings of Leon. Leider war es schon mächtig voll und eine tolle Band aus großer Entfernung zu sehen, ist so als wenn man an seinem Lieblingsessen nur riechen kann. Also noch mal rüber zur Alternative Stage. Zu New Order – den Senioren des Lollapaloozas. Doch die Truppe aus Manchester hat es immer noch drauf. Nach den Hits wie „Temptation“ oder „Blue Monday“ wurde auch das alte Vermächtnis Joy Division gehuldigt – ein optimaler Abschluss des ersten Festivaltages.

Sonntag – Radiohead sorgen für einen epischen Abschluss

 The Temper Trap auf dem Lollapalooza in Berlin
© Jonas Amelong // The Temper Trap auf dem Lollapalooza in Berlin

Am zweiten Tag des Lollapalooza-Wochenendes war es gefühlt noch mal ein kleines Stück heißer. Unser Tag startete mit einer großen Portion österreichischen Charme. Bilderbuch spielten auf der Main Stage II und bewiesen mal wieder warum es für sie in den letzten Jahren nur in eine Richtung ging: nach oben. Die Vorfreude aufs kommende Album ist definitiv gestiegen. Anschließend wurde mal wieder über das komplette Gelände gestiefelt. Ziel der Begierde war The Temper Trap. Die Band, die auf Platte teilweise etwas überproduziert wirkt, hat live mehr rockige Momente. Vor allem Dougy Mandagis Stimme herausragte. Nach einer kurzen Verstärkungspause im Pressebereich gönnten wir uns noch ein paar Minuten Milky Chance. Die Band aus Gießen präsentierte viele neue Songs und gaben sich spielfreudig. Im Anschluss schaute ich mir noch ein paar Minuten Major Lazer an. Aber was die Zuschauer so an einem DJ finden, der alle paar Sekunden mal eine Taste drückt, zwei Rappern, die wie Animateure am Ballermann rum zappeln und einer Show mit riesigen Gummibällen und Konfettiexplosionen. Also Zeit für echte Instrumente, echte Emotionen und echte Musik. Auf zur Mainstage I – zur Radiohead. Bereits über eine Stunde vor dem eigentlichen Beginn war es knackend voll. Später wurde sogar der Zugang zur Bühne gesperrt. Für mich übertraf der Auftritt sogar noch meinen Erwartungen. Er hatte fast etwas magisches. Die Lichtshow, die Kopfstimme von Thom Yorke, das Gitarrenspiel von Johnny Greenwood und Ed O’Brien – von der ersten bis zur letzten Minute perfekt. Nachdem das Set mit fünf Songs vom neuen Album begann, folgte eine Reise durch die Diskografie Radioheads. Mein Highlight während der regulären war „2 + 2 = 5“. Nach insgesamt 17 Songs kam die Band aus Oxford noch mal für fünf weitere Stücke auf die Bühne und spielte mit „Paranoid Android“ einen ihrer größten Hits. Doch die Menge verharrte weiter und das Warten sollte sich auszahlen. Noch mal ließ sich das Quintett auf der Bühne blicken. Thom Yorke hauchte ein „Are you happy?“ ins Mikro und es folgte das so selten gespielte „Creep“. Die bestimmt 40.000 vor der Bühne sangen jede einzelne Zeile mit. Anschließend noch „Karma Police“ ein weiter Überhit und für einen Moment fühlte sich alles perfekt an. Ich bin sicher nicht der größte Radiohead-Fan, aber die Band ist für mich ohne Zweifel die wichtiges unser Zeiten. Mit einem Lächeln im Gesicht verließ ich das Gelände des Lollapaloozas, des Festivals, dass mich vor dem letzten Auftritt eigentlich noch nicht so richtig in seinen Bann ziehen konnte.

Lollapalooza Berlin – das Festival für Jedermann

Goodbye Lollapalooza
© Jonas Amelong // Goodbye Lollapalooza

Ohne Frage das Lollapalooza in Berlin ist ein rundum gelungenes Festival mit wenigen Schwächen. Es bietet ein unterhaltsames Rahmenprogramm auch abseits der Musik und schafft es auch Kinder mit in den Festivalalltag zu integrieren. Es ist noch mehr das Festival für Jedermann als Rock am Ring oder das Hurricane. Das ist aber auch mein Problem mit dem Festival. Das Lollapalooza ist wie ein Restaurant das 300 verschiedene Gerichte anbietet. Es versucht Everybody’s Darling zu sein. Jede Subkultur bekommt ein kleines Schmeckerchen und alle sind zufrieden. Für mich funktioniert das nicht. Ich mag Dinge und Menschen, die für etwas stehen – mit Ecken und Kanten und einem Profil. Das Lollapalooza ist ein Mainstream-Event und das macht es gut, ohne Frage. Mich spricht das aber nicht zu 100 Prozent an und ich hab das Gefühl es geht vielen Musikfans so, die sich mehr für Popkultur interessieren als der Durchschnittsbürger. Vielleicht komme ich aber nächstes Jahr trotzdem wieder. Aber wegen Bands wie Catfish & the Bottlemen, New Order oder Radiohead und nicht wegen des Lollapaloozas.

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