Findlay – zwei Abende, zwei Auftritte, zwei Meinungen

Von am , bearbeitet am

Ungeschliffene Gitarren, schnelle, beatlastige Drums – ein Sound wie frisch aus der Garage. Dafür steht Natalie Findlay und ihre dreiköpfige Band. Nachdem sie bereits als Support von AnnenMayKantereit durch Deutschland tourte, stand nun die erste eigene Headliner-Tour in unseren Landen an. Wir waren sowohl bei den Gigs in Berlin und Hamburg und wollen das Spektakel mal aus zwei unterschiedlichen Perspektiven bewerten.

Findlay in Belin

© Jonas Amelong

Berlin – 2. Dezember im Musik und Frieden – Jonas

Während Natalie Findlay beim Aufbau noch etwas introvertiert wirkte, merkte ich spätestens nach drei Minuten, dass die erste Einschätzung grundlegend falsch war. Die 24-jährige aus Stockport ist auf der Bühne eine Diva. Sie hat in der Band das Sagen und ihre drei Männer tanzen komplett nach ihrer Pfeife. Doch auch die Zuschauer waren nach wenigen Minuten von der Newcomerin und ihrer Band überzeugt. Während der rohe Sound der Gitarren und des Schlagzeugs die Masse des leider nicht komplett gefüllten Musik & Friedens zum Tanzen brachte, strotzte Natalie Findlay nur so vor Selbstbewusstsein. Sie beherrscht das Spiel mit dem (männlichen) Publikum, wie kaum sonst eine Rock-Frontfrau. Sie tanzt im Takt des Schlagzeugs und wirft nur so mit anrüchigen Blicken um sich. Doch es ist nicht nur die Attitüde. Die Frau hat auch musikalisch so einiges auf dem Kasten. Ihr Gesang ist extrem vielseitig. Punk-Rock-artiger Geschrei wechselt sich mit Sprechgesang ab und es gibt auch soulige Momente die etwas an Amy Winehouse erinnern.

Findlay in Berlin

© Jonas Amelong

Stoned and Alone

Die Musik, die auf der Platte sogar noch ein paar Momente mit Hip-Hop-Einflüsse hat, wirkt live noch mal deutlich ungeschliffener. Man kommt sich fast vor wie in den Sechzigern, wenn Doors-artige Blues-Riffs aus den Gitarren gedrückt werden. Den Song „Stoned and Alone“ widmete Natalie Findlay einen kiffenden Zuschauer in der ersten Reihe, der Joint wanderte anschließend, wie selbstverständlich durch die Reihen der Band. Insgesamt meinten leider einige im Publikum durch dümmliche Reinrufe überzeugen zu müssen. Das machte die Atmosphäre leider teilweise etwas kaputt. Als ein Zuschauer mit seinem Handy-Blitz fotografierte, wies ihn Mrs. Findlay zu Recht. Zur Zugabe zeigte sie noch mal ihr ganzes Können und präsentierte einen Song komplett ohne Instrument-Unterstützung. Und auch das kann sie! Der Abschluss bildete „Off & On“ mit dem die Band das Musik & Frieden zu einem einzigen großen Moshpit verwandelte! Wenn die Band ihre Live-Qualitäten auch auf das Debüt-Album, welches nächstes Jahr erscheint, transportieren kann, dann geht es mit Findlay definitiv nach oben!

 

Hamburg – 3. Dezember im Molotow – Dani

„You are a much better crowd than we had yesterday in Berlin!“ Mehr braucht man zu dem unglaublichen Abend am 3.12. im Molotow Hamburg eigentlich nicht sagen. Im Grunde gibt es auch nicht viel hinzuzufügen, außer, tja liebes Berlin, Hamburg hat einfach mal gerockt. Da vergisst man auch mal die anfängliche Leere, als die Sing-Songwriterin Antje Schomaker in einer blumigen Hommage an Juli, die wenigen Anwesenden etwas schüchtern zu unterhalten versuchte. Bis zum Auftritt von Findlay wurde es zum Glück noch richtig voll und die Stimmung im Molotow immer besser.

Findlay im Molotow

©Daniela Jeschkeit

You got me hypnotized

Wie kann eine so kleine und zierliche Frau nur so eine durchdringende Stimme haben? Eine der Fragen, die sich stellt, wenn man Natalie Findlay performen sieht. Es gibt kaum Künstler, die auf der Bühne stehen und das Publikum derart einfangen, dass es stumm bleibt. Und damit ist kein betretenes Schweigen gemeint. Positive Stille voller Konzentration. Alle Blicke, alle Sinne, fixiert auf diese eine Frau. Man ist in Trance, man genießt und kommt von ihrem Blick nicht mehr los. Ja, dieser Blick. Diese Perfektion des Schlafzimmerblickes, der alle, wirklich alle, hypnotisiert.

Im Rausch der Reeperbahn

Eine gute Stunde konnten wir uns dem Rausche der Musik hingeben. Tanzen, träumen, leben. Es hätte wirklich keinen passenderen Ort geben können, als das Reeperbahn-nahe Molotow.  Die Aura um Findlay, der dreckige Garage-Sound, alles hat gepasst. Zwar war die Akustik nicht die Beste, passte aufgrund der lasziv, kaputten Performance in diesem Falle aber perfekt. Eine stimmige Mischung aus The Sounds und The Kills, gemixt mit diesem leicht Verbotenem, lassen Findlay so betörend wirken. Ja, wo Berlin durch musikalische Beschreibungen glänzt, war es in Hamburg diese Atmosphäre, die man kaum in Worte fassen kann, die euch aber nicht vorenthalten werden darf. Dass die musikalische Leistung überzeugte, ist dabei als selbstverständlich anzusehen.

Wir sollten gespannt sein, was es in nächster Zeit von Natalie Findlay zu hören gibt. Eine junge, starke Frau mit Potenzial und Charisma, die definitiv live in intimer Clubkonzert-Atmosphäre überzeugt. Auch hier kann man abschließend nur sagen: Hört sie euch live an, es lohnt sich! Findlay – ganz arg geherzt von Dani <3

 

 

vorheriger BeitragYears & Years - die Könige der Herzen erobern das Astra nächster BeitragAlbert Hammond Jr. - mehr als der Gitarrist der Strokes?

Hi, ich bin Jonas ...

und seit frühester Kindheit großer Musikfan. Angefangen mit den väterlichen Platten der Beatles, entdeckte ich später Oasis und die Arctic Monkeys. Seitdem laufen wöchentlich die neuesten Indie-Songs durch meine Kopfhörer. Ab und zu sogar nicht-britisch und ohne Gitarre. Wenn ich nicht gerade auf Konzerten bin, schreibe ich meine Masterarbeit oder versuche Gitarre spielen zu lernen. Hilfe gerne willkommen!