„Ich finde es einfacher über andere Leute zu schreiben, weil ich dabei komplett ehrlich sein kann. Im Bezug auf mich selbst kann ich das nicht, sonst würden alle denken, ich wäre ein trauriger Idiot“ hat Sam Fender im Rahmen der Entstehung seines chartstürmenden Debütalbums „Hypersonic Missiles“ gesagt. Im Jahr 2020 sah er sich dann mit dem Leben in der Pandemie, gezeichnet von minimalem externen Input, konfrontiert und weil er nicht über Covid schreiben wollte – „das wird doch keiner mehr hören können!“ – richtete er seinen Fokus auf sein inneres Erleben.
Der Titeltrack des gleichnamigen Albums „Seventeen Going Under“, der das Album auch eröffnet, demonstriert meisterhaft wie tief in das Herz Unbeteiligter eine Collage aus persönlichen Erinnerungen und deren gegenwärtigen Reflexionen treffen kann. Es geht um Drogen, um Snuff-Videos und die Polizei. Um Schlägereien und solche, die keine wurden. Um Unschuld und deren Verlust. Dieser Spagat zwischen Ungestüm und Ohnmacht ist es, der einen hier zu einem bittersüßen Seufzen hinreißen könnte. Musikalisch getragen wird all das von einer simplen Melodie, Gitarren, Drums, einem Saxophon und nicht zuletzt Fenders Stimme. Wenig Schnickschnack, große Wirkung.
So ist „Seventeen Going Under“ auch der stärkte Track des Albums, denn wie hier treffen Originalität und Komposition in den folgenden 10 Songs kein zweites Mal aufeinander.
Die Stimmung des Albums entscheiden Uptempo-Stücke, in denen Fenders charakteristische Stimme mal trotzig, mal nostalgisch über das Erwachsenwerden sinniert. Dabei sind Produktion und Aufbau so präsent, dass es schwer fällt, Alleinstellungsmerkmale der einzelnen Songs herauszustellen. Positiv fallen deswegen die Ballade „Last One Home“ und das minimalistische „The Dying Light“ auf.
Gerade „Last One Home“ gelingt es, die Höhepunkte in Fenders Songwriting zu beleuchten. Tragisch-schöne Lyrics, die mit wenigen Worten einen Hochleistungsprojektor im Kopfkino anschmeißen. Das Gespür für Melodien. Sein Gitarrenspiel.
Alles in allem gibt es dennoch zu wenig dieser Momente auf einem Album, das mit seiner ersten Auskopplung vielleicht zu viel versprochen hat.