Nachschub gefällig ? Mit ,,Lady in Gold“ gibt es die nächste Dosis Retro-Rock des schwedischen Quartetts Blues Pills. Nach 2 erfolgreichen Jahren auf Tour, weniger eine Notwendigkeit, als viel mehr der nächste logische Schritt.
Konzeptioneller Freiraum
Stilistisch bleiben sich die Bandmitglieder weitesgehend ihrer Linie treu und setzen auch weiterhin auf groovigen Bluesrock a la Fleetwood Mac oder The Black Keys, wobei die großen Stärken der Blues Pills, trotz ihrer Affinität gegenüber verwandten Genrevertretern, immer noch im eigenständigen Sound der Band liegen dürften. Ein nicht zu verkennendes Alleinstellungsmerkmal, welches auf ihrem zweiten Album geradezu exemplarisch verdeutlicht wird. Mit Lady in Gold präsentiert sich die Band unter dem partiell naheliegenden Einfluss von Soul-Musik und gibt entsprechend Stilmitteln, wie Gospel-Chören oder kurzen Wechseln mit Backgroundgesang, eine größere Freifläche. Dass dieser latente Stiltransfer überraschend gut funktioniert, sei vor allem Sängerin Elin Larsson zu verdanken, deren Stimme auf dem einstigen Debüt jüngst noch etwas spärlicher zu Geltung kam. Erstmalig bekommt die Sängerin spürbar mehr Gelegenheit, um von ihrem allumfassenden Klangspektrum Gebrauch zu machen, was sich wie ein roter Faden durch das gesamte Album zieht. Nimmt die Band das Tempo mal heraus, trägt Larsson fast ausschließlich die Songs vorran und reißt die Kontrolle förmlich an sich. Es heißt ja auch nicht umsonst ,,Lead-Sänger(in)“. Gerade in ruhigen Stücken wie ,,I felt a change“ verleiht die Seelenruhe übriger Instrumente eben jener Stimme die erforderliche Zuwendung, um sich vollends entfalten zu können. Vor diesem Ergebnis kann sich sogar Adele nur verneigen.
Produktion auf den Punkt
Unterhalb dieser Dominanz gerät die Rhythmusfraktion dabei fast schon unwillkürlich in Vergessenheit, jedoch ohne ihren definierten Zweck zu vernachlässigen. Zwischen den Atempausen finden hin und wieder psychedelische Gitarreneskapaden und eine marginal konnotierte Seventies-Orgel ihren Platz im Gefüge und ergänzen das einheitliche Klangbild nahezu perfekt. Eine schönere Mischung aus Soul, Blues und Rock’n Roll findet man dieser Tage eher selten. Ein Lob sollte zudem den Produzenten zu Teil werden, die offensichtlich verstanden haben, dass man für ein authentisches Hörerleben eine Überproduktion und Effektstürmerei lieber umschiffen möge.
Musik für den Moment
Auch inhaltlich bedient ,,Lady in Gold“ die Fans der ersten Stunde und richtet sich an gebrochene Herzen und Verflossene, die ihr Seelenheil am liebsten in Form von musikalischen Pillen behandeln, wenn das soziale Umfeld einen wieder an den mentalen Rand des Selbstmordes treibt: …cause you will have to face-The harsh cold reality-Oh bad talker-You’re just a bad talker. Runterschlucken und wirken lassen. Allein bei Songtiteln wie ,,Rejection“ und ,,Gone so long“ hätte jedoch auch eine weniger plakative Aufschrift für die richtige Medikamenteneinnahme ausgereicht.
Schade auch, dass sich nach den knapp 40 Minuten Hochgenuss keine überdauernden Effekte einstellen möchten. Außer dem spritzigen und namensgebenden Opener ,,Lady in Gold“ bleibt keiner der Songs wirklich im Langzeitgedächtnis präsent. Um die Wirkung aufrecht zu erhalten, gibt es allerdings einen einfachen Trick : ,,Blues Pills“ einfach in endlosschleife hören.
Text: Maximilian Hack