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Heisskalt – Vom Wissen und Wollen

Ein Beitrag von Philipp
vom

Energiegeladene Rockmusik ,Made in Germany‘ – und ebenfalls in deutscher Sprache verfasst – befindet sich immer noch auf Höhenflügen. Neue talentgesegnete Bands springen aus dem Boden als könnte man das in einem dieser allwissenden Ratgeberbücher für ,Dummies‘ erlernen. Auf solche Tipps können Heisskalt aber gekonnt verzichten, denn mit ,Vom Wissen und Wollen‘ nehmen die Stuttgarter Szenenrocker bereits ihr zweites Werk in Angriff und klingen dabei nicht nur so frisch und unverbraucht wie vor zwei Jahren, sondern heben ihren poppigen Posthardcore auch auf die nächsthöhere Ebene.

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© Viktor Schanz

Damals noch flogen die vier Jungs zurecht geschnitten am Radar vorbei, waren aber dennoch in der Lage sich kurzerhand als – fast schon zu offensichtlichen – Geheimtipp fest zubeißen. Ein Blick auf das neue Album bestätigt nun was sich sehnsüchtig angedeutet hatte. Der Nachfolger zum 2014er Debüt ,Vom Stehen und Fallen‘ ist ein nervenaufreibender, kräftezehrender, elegischer Hochgenuss, der Fans wie Außenstehende in jeglicher Hinsicht beim Kragen packt. Bereits an dieser Stelle gibt es eine kleine Vorwarnung. ‚Vom Wissen Und Wollen‘ bedient die Pessimisten unter den Realisten und gehört zu der Sorte Alben, die sich gar nicht erst bemühen höflich an der Haustür anzuklopfen, sondern gleich mit der ganzen Faust durchs Fenster geschnallt kommen. ,Vom Wissen und Wollen ist ein‘ unbequemes Album, bei dem der Gefühlsappart auf Trostlosigkeit zurecht geschnitten wird.

Was einen nicht umbringt…

Die Blicke schweifen gen Boden, wo sich die endlosen Abgründe und Spalten der menschlichen Seele auftun. In der bedrückenden Welt von Heisskalt scheint nur ab und an Licht durch die Wolken. Immer wieder wechseln großflächige Gitarrenströme zwischen verzerrter Dröhnung und klarem Schimmern. Dazwischen schlagen Drums gleich dem Rhythmus eines menschlichen Herzens. Mal pulsiert es ekstatisch vor Stress, mal scheint es dem Tode nahe; am Ende immer ausgelaugt und sehnsüchtig nach Erlösung bittend. Ein stetiges hin- und her gerissen sein von aufputschendem Adrenalin und betäubender Leere. Darüber spricht und schreit Sänger Mathias Bloech mit allerlei Affekt und Effekt die, teils an die Substanz gehenden, Texte voller Qual, Wut und vor allem Angst. Angst vor der Zukunft, Angst vor dem Tod und Angst vor der Angst – ,Wir alle haben Angst, die Angst beherrscht uns‘.

Emo-tionaler Hochgenuss

Schon das verstörende Video zu ,Absorber‘ zeigte eindrucksvoll, dass man nach dem Erfolg des Vorgängeralbums keinesfalls vorhabe, lieblichere Töne anzuschlagen. Vielmehr treten Heisskalt in ihrem Zweitwerk noch konsequenter in Erscheinung, verzichten weiterhin auf Pathos, oder die großen Stadionhymnen. Stattdessen bändigen sie ihre Vorstellung einer kapitalistischen, in den Wahnsinn getriebenen, suizidalen Welt in 13 emotional bepackte Songs. Davon kann man sich nicht nur runterziehen und mitreißen lassen, man sollte es sogar. Denn in all der Trostlosigkeit schwebt immer dieser unterschwellige Funke Hoffnung mit. Hoffnung die genügt, um in all der wunderschönen Destruktivität zu verharren und bis zum Ende zu bleiben. Auch wenn man alle Enden schon gesehen hat.

Heisskalt – Absorber

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