Schon mal in einem Skizzenbuch geblättert, die unfertigen und manchmal schemenhaften Ideen bewundert, die so ungeschliffen in einem leicht zerknitterten Büchlein daherkommen und eine ungemein direkte Ästhetik ausstrahlen? Hoffentlich! Falls nicht, liefert Frankie Cosmos am Freitag mit ihrem neuen Album “Next Thing” eine verdammt gute Möglichkeit zum Nachholen dieses Versäumnisses!
Knapp 29 Minuten Spielzeit, 15 Songs. Alleine die Eckdaten von “Next Thing” haben durchaus Potential zur Irritation. Keiner der Songs knackt die typischen drei Minuten, viele nicht einmal zwei. Die meisten klingen oberflächlich rau, mit poppigen Melodien auf den Synthies und durchgehend mittelmäßig motiviertem und leicht zerbrechlich klingendem Gesang von Frankie Cosmos. Statt fertigen Popsongs mit Strophe, Chorus, Bridge – wie sich das eben gehört, könnte man meinen – finden sich auf auf dieser Platte ein Haufen kleiner Notizen, die, wenn sie groß sind, zusammen mal ein richtiges Album werden wollen. “The Next Thing” wirkt wie eine unfertige Skizze. Wie etwas, das mal etwas werden kann und genau deswegen ist es so unglaublich gut! Statt bedacht und gekonnt produziert, klingt es so unperfekt und impulsiv, wie der Mitschnitt einer halbstündigen Jamsession der vier New Yorker um Greta Kline. Ideen werden in den Raum geworfen, kurz verfolgt, in Ansätzen ausgearbeitet – fertig.
Es ist herrlich Frankie Cosmos beim lauten Denken zuzuhören!
In der knappen halben Stunde dieses Albums reflektiert Frankie Cosmos ununterbrochen. Sie macht Gedankenspiele, von denen manche komplex und andere dafür umso banaler sind. Sie nagt an großen Fragen, aber verliert sich dabei nie in Details oder verfällt der Versuchung für jede Gefühlsregung komplexe und ausufernde Metaphern zu finden oder sich und ihre Kunst umständlich zu erklären. Stattdessen bringt sie Dinge erbarmungslos kompaktiert und pointiert auf den Punkt – “Sometimes I get sinister” – oder verliert nach 90 Sekunden schlicht das Interesse. “Next Thing” hört sich an, wie sich die Einträge des Tagebuchs eines pubertierenden Teenagers lesen: Roh, patzig und unüberlegt, manchmal von fragwürdiger Relevanz – “Where would I kiss you, if I could kiss you?“ – aber vor allem ehrlich und rein intrinsisch motiviert. Was natürlich immer die Gefahr birgt, dass ein Gedanke nach zwei Minuten eventuell nicht mehr interessant genug erscheint, um weiter vertieft zu werden oder plötzlich das Handy klingelt und ihn unsanft verdrängt. Das kann nerven, aber man lernt damit umzugehen.