Es ist Herbst, nass, dunkel und die Stimmung insgesamt eher bescheiden. Was passt da besser als Live-Musik zum Ausgleich?! Theoretisch stimmt das… praktische Erfahrungen mit Indoor-Darbietungen von Klängen aller Art liegen etliche Monate, gefühlt Jahre, zurück. Das Synästhesie-Festival, für mich immer so ein “da muss ich unbedingt mal hin”-DIY-Ding. Bislang kam immer etwas dazwischen. Here i’m.
Das Kesselhaus, ein Monstrum von Konzerthalle, zumindest von der Höhe her, ist ohnehin sehr charmant, begrüßte mit einer überschaubaren Anzahl an Zuschauern … aber erstmal die Treppe hoch ins sogenannte Maschinenhaus. PLAISIR, 3 Damen aus dem Berliner musikalischen Untergrund spielen “coldgaze”. Noch nie etwas von denen gehört und schon nach dem ersten Song eine neue Liebe entfacht. Wobei man offensichtlich als aufmerksamer Zeitgenosse durchaus von den Werken Kenntnis nehmen hätte können, da sie im November 2020 mit ihrem 4-Track-EP “Sap” gehörig Aufmerksamkeit erregten, wie mir ein kundiger Musikliebhaber am Rande mitteilte. Krass, dass sich die Combo erst ein Jahr vorher bei einem Kellerkonzert irgendwo in Berlin kennen gelernt hat. Ein Album soll in Arbeit sein. Unbedingt mal anhören und anschauen!
Durch die leider vorhandenen zeitlichen Überschneidungen, starten auch schon AUTOMATIC aus L.A. Von denen wurde der denkwürdige Satz „Die Welt ist so am Arsch. Keine Ahnung, wie da ein Musiker sagen könnte, dass alles toll sei:“ überliefert, der ja auch super in die Zeit passt. Irgendwie zwischen Minimal-Electro-/Post-Punk spielen sie sich durch die Gehörgänge und Gehirnwindungen. Macht live auf jeden Fall durchaus Spass, während ich zu Hause jetzt nicht sooo sehr damit warm werde. Ebenfalls nicht warm werde ich mit FAUST, als Krautrock-Legende angekündigt. Nun Krautrock ist nicht meine Baustelle und Legenden sind auch nicht mein Fall. Sind auf jeden Fall alles sehr gute Musiker, die in ihrem Tun aufgehen und sichtlich Spaß haben. Aber mich nimmt das nicht mit. Sorry.
Ganz anders dann NEW CANDYS … die auch gar nicht mehr so jung sind und es in wenigen Augenblicken schaffen eine so dichte (Sound-)Atmosphäre herzustellen, dass man sich fast gefangen darin vorkommt. Psych-Rock aus Venedig. Mein Mund bleibt offen stehen und ich beginne zu zucken, den Kopf hin und her werfen – so gut das eben in dem dichten Gedränge eben geht. Verdammt, ja, dass ist die Energie die ich so sehr vermisst habe. Fesselnd schön.
Jetzt aber schnell rüber zu Laura Lee & The Jettes. Laura Lee kennt man als eine Hälfte von GURR und die aktuelle Single “Absolut” sollte auch bekannt sein! Schönster 90er gitarrenlastiger Indie-Schrammel-Rock der Spass macht und viel zu schnell vorbei ist.
Synästhesie – Ein Festival für Musikmacher und DIY-Künstler
Um an dieser Stelle mal abzukürzen… bei dem Festival und der Bandauswahl ist eine tiefe Verbundenheit zur globalen DIY-Musikszene und ihren Protagonisten die Klammer die die unterschiedlichen Arten/Sparten zusammen bringt. Es ist gefühlt eher ein Festival für Musikmacher als das sonst übliche Künstler/Publikum-Verhältnis bei anderen Festivals.
Ein Festival in Zeiten der Pandemie
Die Pandemie-Bedingungen unter denen das Ganze stattfand, waren insgesamt alles andere als gut und so wundert mich es auch nicht, dass die Corona-WarnApp nun lustig rot leuchtet und mir die ein oder andere Risiko-Begegnung attestiert.
Das Synästhesie Festival in Bildern
Fotos: Mike Menzel