Das Highfield Festival heißt seine Besucher so herzlich willkommen, wie die dicke Tante, die Dich, als Du ein Kind warst, beim Besuch immer umarmen wollte. Nicht ganz ohne Unwetter, dafür ohne Ausfälle, ging es auch in diesem Jahr heiß her am Störmthaler See.
Nach acht Stunden herkömmlicher Broterwerbstätigkeit und ca. drei Stunden leichtem Garens auf der Fahrt von Berlin in die Gefilde südlich von Leibzsch, soll es schon mal passieren, dass die nächtliche Kirmes aus Riesenrad, feuerspuckendem Jägermeisterholzhirsch, knallbuntem Budenzauber und zwei mietskasernenhohen Bühnen in grün & blau auch beim Festivalroutinier LSD-artiges Augenflimmern erzeugt.
Von Lingualdiamanten und verbalem Durchfall
Was ist flacher als die Gegend rings um Großpösna? Die Kotwitze vom Alligatoah. Kostprobe? „Ich bin vertraglich dazu verpflichtet, den einen oder anderen sehr fragwürdigen Wortwitz zu machen wie zum Beispiel Kot Azür, der da Vinci Kot oder John Kot van Damme.“ Willkommen zu einem verlängerten Wochenende, an dem zahllose Feierwütige ihre Werte, Niveau und Moral bereits am Ortsausgangsschild der Heimatstadt aus dem Fenster geworfen haben, um sich wie Bolle zu amüsieren.
Bilderbuch glänzen (wieder mal!) mit einer musikalischen Darbietung, bei der auch der eckigste Arsch anfängt, beim Wackeln auszubeulen, selbst wenn man kein Liebhaber dieser Band ist. Zweites Highlight an diesem Abend: Lukas aus Neuenwalde bei Bremerhaven (Klugscheißerinfo!). Bei dieser Vielseitigkeit können all die anderen Sprechreimer noch so oft ins Fitnessstudio rennen oder mit fetter Lichtschau auf den Putz hauen. Aus künstlerischer Sicht kann ihm (bzw. Alligatoah) derzeit keiner das Abwasser reichen.
In Kanalarbeiterkleidung steigt er musikalisch und sprachlich in die Gosse, um für das Publikum Lingualdiamanten wie: „Ich muss nicht wie Du Mücken in die Menge lassen, damit wenigstens ein paar in die Hände klatschen“ als Perlen vor die Säufer zu werfen
Nachdem der Wolkenbruch vorbeigezogen ist, macht sich der Pressemob auf die Socken in den geräumigen, fast schon leeren Bereich direkt vor der Bühne. Erstaunlich, wie viel Platz man hier hat.
Billy Talent rocken gegen MS
Ja, auch bei Billy Talent ist wieder viel, viel Platz im vorderen Bereich. Dass sie dieses Jahr mal spielen können (nachdem sie im Vorjahr aufgrund des unwetterbedingten Abbruchs des Festivals leider nicht auftraten) haben wir wohl dem vorhin bereits erwähnten Quatschkopf aus Niedersachsen zu verdanken, der, nach eigener Aussage, das Gewitter wegrappte & -reimte. Live gesehen habe ich sie zuvor noch nie. Die Show wirkte im positiven Sinne recht routiniert ohne zu langweilen. Die Bad Religion des 21.Jahrhunderts. Zugegeben – Billy Talent haben 2 ½ Songs.
Ihr an Multipler Sklerose erkrankter Drummer, der inzwischen durch einen Kollegen von Alexis on Fire vertreten wird, nimmt für eine handvoll Songs unter Riesenapplaus doch noch die Stöcker in die Hand. Dass die Band im Rahmen der von ihnen ins Leben gerufenen Kampagne „FUMS“ Geld für junge MS-Erkrankte sammelt, dürfte hoffentlich vielen Konzertbesuchern bekannt sein.
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Text: Matthias Korth