English Graffiti ist bereits das dritte Studio Album der Londoner Band The Vaccines. Bald drei Jahre liegt Coming of Ages bereits zurück. In der Zwischenzeit haben die Jungs um Leadsänger und Gitarrist Justin Young unglaubliche fünfzig Songs (!!!) geschrieben, bevor es zu den Studioaufnahmen nach New York ging. Bei einer derartigen Fülle an Material ist eine ungewöhnlich hohe Hitdichte eigentlich schon ein Muss.
Dem Pop den Stinkefinger zeigen.
Wichtig seien im Hier und Jetzt war die Parole die Young ausrief. Mit „Handsome“ folgte dann das erste Ausrufezeichen. Stattlich und in Vaccines-typischem Tempo fliegen einem die Gitarren-Riffs von Freddie Cowan nur so um die Ohren. Ohne Zweifel, Handsome darf sich gerne zu If You Wanna, Norgaard & Teenage Icon gesellen und gemeinsam Schuhsohlen zum Glühen bringen. Es folgte „Dream Lover“, als zweite Single-Auskopplung und laut The Vaccines ihr „biggest song ever“. Mächtig knarzend, etwas benommen und mit einer zarten 80s Attitüde kann Dream Lover am Besten als die etwas andere Pop-Ballade bezeichnet werden.
Die Herren der knackigen Dreiminüter.
Beim ersten Durchlauf von English Graffiti eröffnen sich die verschiedenen Facetten der fünfzig Songs mit denen die Band in die Tarbox Road Studios gezogen ist. Beim Song Picking wurde radikal ausgemistet. Das Resultat ist eine Playlist, die in sich viel Gewohntes und teils Überraschendes bereithält. Natürlich fehlen auch die typischen Vaccines-Dreiminüter nicht, obwohl diese unter den Einflüssen von Dave Fridmann (The Cribs, Tame Impala, Spoon) und Cole MGN (Ariel Pink, Beck,) einem leichten Facelifting unterzogen wurden. „20/20“ ist dann beispielsweise der heimliche Noisy-Kopfnicker-Hit und „(All Afternoon) In Love“ als schüttet dir sein Herz in Liebesbriefwillstdumitmirgehen-Manier aus, ohne anzubiedern.
English Graffiti ist eine Talfahrt und ein richtiges Indie Pop Juwel. Die Texte sind stets auf den Punkt, die Riffs kommen gezielt und treffen ins Herz. Insgesamt setzt English Graffiti die besten Teile aus Debüt-Album und Zweitlingswerk gekonnt in Szene, lässt hier und da ein wenig Rock in das Pop-Getriebe tropfen, um das vermeintlich kompletteste Album der Band zu sein. Das Ist Pop mit Ecken und Kanten und irgendwie hart am Zeitgeist.
PS: Die Deluxe-Edition hält dann noch Songs wie English Graffiti oder Stranger bereit, die beweisen, dass auch über die 11 Songs der Standard-Edition jede Menge gutes Songwriting vorhanden ist. Kann man nur hoffen, dass die fünfzig geschriebenen Songs nicht für immer im Youngs Schreibtischschublade verschwinden.