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Billy Talent – Keine Angst vor Höhenflügen

Ein Beitrag von Debjay
vom

Vor ihrem Auftritt bei Rock am Ring Anfang Juni trafen wir Billy Talent in Berlin. Leadgitarist und Haupt-Songschreiber Ian D’Sa stand uns im Interview Rede und Antwort zu ihrem neuen Album „Afraid of Heights“, ihren Ängsten und ihren Tipps für Nachwuchsbands.

Billy Talent Pressefoto 2016
© Warner

Billy Talent – Keine Angst vor Höhenflügen

Wie für viele andere Menschen wahrscheinlich auch, war „Billy Talent II“ vor etwa 10 Jahren ein sehr wichtiges Album für mich. Meine Liebe zu Billy Talent habe ich nie verloren, auch wenn ihre folgenden Alben nicht mehr den selben Stellenwert haben sollten. Mit „Afraid of Heights“ erscheint am 29.07.2015 ihr mittlerweile fünftes Studioalbum (lest hier unsere Review) und wir bekamen die großartige Gelegenheit, die Band im Vorfeld zu interviewen. So traf ich Leadgitarist und Haupt-Songschreiber Ian D’Sa (m.) Anfang Juni auf einen Plausch in Berlin.

Wie schaffst du es eigentlich, dass deine Haare immer so nach oben stehen?

Ian (Billy Talent): (lacht) Das ist ein uralter Trick. Nein, eigentlich ist es nur eine Menge Haarspray.

„Afraid of Heights“ ist der Titel eurer neuen Platte. Das kann ja alles mögliche meinen aber hat jemand von euch tatsächlich Höhenangst?

Ian: Bis zu einem gewissen Grad haben wir sicher alle Höhenangst. Ich meine, das kommt darauf an wie weit oben ich bin. Ich habe aber keine Flugangst oder so.

Die Idee hinter „Afraid of Heights“ ist eine Metapher

Genau deswegen frage ich, ich habe die nämlich. Gibt es etwas anderes, wovor du Angst hast?

Ian: Nichts bestimmtes eigentlich, das hängt immer von der Situation ab. Die Idee hinter „Afraid of Heights“ war eine Metapher für all die Dinge mit denen wir in der modernen Welt konfrontiert sind zu finden, mit denen wir uns aber nicht auseinandersetzen. Ich würde sagen, das Thema des Album ist es, Angst davor zu haben, als Menschen eine neue Ebene zu erreichen, sich weiterzuentwickeln und zu verändern. Man sieht das oft in bestimmten Ländern, vor allem in Amerika. In Kanada hatten wir einen Prämierminister der sehr polarisiert hat und nun endlich, nach 8 Jahren, wurde ein neuer gewählt. Oder in den USA, wo fast die Hälfte der Bevölkerung hinter einem Typen wie Donald Trump steht. Das ist enttäuschend und beängstigent.

Ihr habt ein Gewinnspiel auf eurer Internetseite, die Afraid of Heights Gallery,bei der Fans ihre Interpretation der Single öffentlich hochladen konnten. Hast du dir die Einsendungen schon angesehen und hast du einen Favoriten?

Ian: Ich habe mir einige angesehen und am besten hat mir bisher ein Video von einem Mädchen gefallen, die den Song in einer Art Ausdruckstanz neu interpretiert hat. Dann gab es da noch eine Band, die, ohne den Song gehört zu haben, ihre eigene Version aufgenommen haben, die allein auf dem von uns zur verfügung gestellten Songtext basiert. Das hat mich sehr beeindruckt.

Wann sucht ihr einen Gewinner aus?

Ian: Diese Woche noch, wir gehen gerade durch alles durch (Anm. herzmukke: Die Gewinner findet ihr hier). Wir haben um die 25 Favoriten aus den wir auswählen werden. Die Idee kam eigentlich von unserem Management und ich finde sie richtig klasse. Wir hatten über 100 Einsendungen, was ich nie erwartet hätte.

Jordan ist wie Familie für uns

Vor etwa 10 Jahren hat Ben in einem Interview mal Alexisonfire als kanadischen Geheimtipp genannt. Jetzt springt Jordan Hastings bei euch am Schlagzeug ein. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit, seid ihr befreundet?

Ian: Wir kennen Jordan schon seit etwa 15 Jahren und sind gut mit ihm befreundet, also etwa seit Billy Talent und Alexisonfire angefangen haben durch Kanada zu touren. Als wir in Deutschland erfolgreich wurden, haben wir sie als Support mitgenommen. Als unser Drummer Aaron (Solowoniuk) dann im Herbst einen MS-Schub hatte, wurde klar, dass er in absehbarer Zeit nicht Schlagzeug spielen können würde. Wir saßen dann alle zusammen und kamen zu dem Schluss, dass Jordan perfekt für den Job wäre und er hat zugestimmt Aaron so lange zu vertreten bis es ihm besser geht. Er ist wie Familie für uns.

Gibt es aktuell kanadische Bands, die ihr uns empfehlen wollt?

Ian: Ja, auf jeden Fall! Jordan hat noch eine Alternative Rock Band, sie heißen Say Yes und haben gerade ein Album veröffentlicht, das ich ko-produziert habe. Dann gibt es noch The Dirty Nil aus Hamilton (Anm. herzmukke: The Dirty Nil werden Billy Talent auf ihrer anstehenden Deutschlandtour neben Monster Truck als Support begleiten)., die waren auch schon mal in Deutschland.

Danke, da werden wir mal reinhören. Kennt ihr eigentlich Arkells?

Ian: Ja, klar! Die haben wir auch schon mal mit uns auf Tour nach Deutschland genommen.

Ihr spielt dieses Wochenende bei Rock am Ring, freut ihr euch schon?

Ian: Ja, wir freuen uns riesig! Es ist schon ein paar Jahre her, dass wir da gespielt haben.

Auf welche anderen Bands freut ihr euch am meisten?

Ian: Red Hot Chili Peppers! Bevor Billy Talent entstand haben wir viel Chili Peppers gehört, „Blood Sugar Sex Magik“ haben wir damals rauf und runter gehört. Ich werde sie mir auf jeden Fall ansehen. Ansonsten entdecke ich auf Festivals auch gern neue Bands.

Es gibt euch ja schon seit über 20 Jahren aber der Erfolg stellte sich erst vor etwa 10 Jahren ein. Heutzutage werden junge Bands ja oft über Nacht berühmt. Glaubst du, dass ihr davon profitiert habt, dass ihr erst später erfolgreich wurdet?

Ian: Ja, absolut. 1994 bis 2001, da hießen wir noch Pezz, waren die Jahre, in denen wir beschlossen haben, dass wir von der Musik leben wollen. Wir haben in dieser Zeit viel geopftert, wir gingen noch zur Schule oder aufs College, hatten mehrere Jobs gleichzeitig und haben trotzdem immer die Zeit und das Geld gefunden zu proben. Rückblickend weiß man den Erfolg dadurch erst richtig zu schätzen und nimmt ihn nicht als selbstverständlich.

Ward ihr jemals davor aufzugeben?

Ian: Ja, ein paar mal. Wenn man dann einige Jahre dabei ist, denkt man irgendwann, dass es nie passieren wird. Wir waren dann alle mit dem College fertig und hatten feste Jobs aber wir haben unser Dasein als Band zu sehr vermisst. Ich bin einfach nicht für nine to fives gemacht (lacht).

Uns haben viele Leute gesagt, wir würden unsere Zeit vergeuden

Was würdet ihr jungen Bands raten, wenn sie ihre Karriere planen?

Ian: Vor allem niemals aufzugeben, auch wenn alles gegen einen spricht, seien es Freunde, Eltern oder Lehrer. Uns haben auch viele Leute gesagt, wir würden unsere Zeit vergeuden. Auch wenn sie es gut meinen, heißt das nicht, dass sie wissen was gut für einen ist. Auch wenn andere Zweifel haben, heißt es nicht, dass man es nicht trotzdem versuchen sollte. Wenn man wirklich von etwas leben will, dann kann man das auch schaffen, sofern man die Arbeit reinsteckt. Schreibt leidenschaftliche Songs und spielt mitreißende Shows, das ist das Wichtigste.

Billy Talent ist ja eigentlich eine Punk Rock Band. Wieviel Pop, würdest du sagen, steckt trotzdem in eurer Musik?

Ian: Ich hatte nie ein Problem mit Pop. Meine Eltern haben viel Neil Diamond und Abba gehört und ich fand das großartig. Als Teenager habe ich dann angefangen Classic Rock und Punk zu hören, vor allem Fugazi, The Descendents und Minor Threat. Es geht mir gar nicht so darum, wie sehr Punk unsere Musik ist sondern darum, dass man sich unsere Songs erinnert wenn man das Konzert verlässt oder die Platte zu Ende ist. Wenn das für manche Leute Pop ist, kann ich damit leben.

Wir schreibt ihr denn eigentlich eure Songs?

Ian: Ich bin der Haupt-Songschreiber. Ich schreibe viel für mich alleine und Ben (Kowalewicz) und ich arbeiten dann zusammen an den Texten.

Gab es schon mal Situationen, wo die anderen einen Song von dir gar nicht mochten?

Ian: Ja, das kommt natürlich vor. Für dieses Album hatte ich 20 Song-Ideen und ich habe sie den Jungs vorgespielt. Wir haben es dann auf 12 runtergebrochen. Es ist immer gut, wenn man etwas Spielraum und Zeit hat.  Nach dem letzten Album haben wir uns ein paar Jahre Zeit gelassen. Naja, wir haben vor kurzem dieses Greatest Hits Album rausgebracht, was rückblickend eine schlechte Idee war (lacht), so etwas interessiert heute doch keinen mehr.
Jedenfalls ist es mir wichtig, dass so ein Album in sich stimmig ist. Auch wenn die Songs auf „Afraid of Heights“ stilistisch unterschiedlich sind, gibt es doch einen thematischen Zusammenhang.

Was ist dein absoluter Lieblingssong?

Ian: Ich liebe „Enjoy The Silence“ von Depeche Mode, bei dem Song kriege ich jedes Mal Gänsehaut. Das versuche ich mit meinen Songs auch zu erreichen und das ist sicher das Schwierigste.

Billy Talent im Winter auf Deutschlandtour

Billy Talent kommen im Dezember endlich wieder nach Deutschland. In Berlin machen sie am 09.12.2016 in der Max Schmeling Halle Halt. Tickets für die Shows bekommt ihr überall, wo es Konzertkarten gibt.

29.11. München, Zenith
30.11. Stuttgart, Schleyerhalle
02.12. Hannover, Swiss Life Hall
03.12. Düsseldorf, Mitsubishi Electric Hall (ausverkauft)
04.12. Frankfurt, Festhalle
06.12. Hamburg, Sporthalle
07.12. Leipzig, Haus Auensee
09.12. Berlin, Max Schmeling Halle
10.12. Lingen, Emsland Arena

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