Seit 1997 schon ist das Melt Festival fester Bestandteil der deutschen Musikszene und ein Anziehungspunkt für Popkultur-Fans aus ganz Europa. Auch in diesem Jahr ging es wieder (nicht nur was die Temperaturen angeht) heiß her. Das Festival in Gräfenhainichen konnte mit Florence + The Machine und The xx zwei echte Hochkaräter für ihr Line-Up gewinnen.
Der Freitag begann für uns mit der Art-Pop-Show von Superorganism, fast parallel spielten Yellow Days auf der Meltselektor-Stage am Strand und lieferte damit die erste schwere Entscheidung für die Besucher des Festivals. Im Anschluss war es Zeit für Yung Hurn – der kurzfristig für RIN ins Line-Up gekommen ist. Mir persönlich ist das Cloud-Rap-Ding weiterhin ein großes Mysterium – doch der Österreicher war für einen ziemlich großen Teil des Publikums das erste wahre Highlight des Festivals.
Anschließend spielten Cigarettes After Sex am frühen Abend bei Tageslicht, wodurch es leider nicht möglich war, dass sie ihre besondere, mystische Energie versprühen konnten. Wenn man so eine Band bucht, ist man fast dazu gezwungen ihr einen Nacht-Slot zu geben. Cigarettes After Sex bei Licht ist wie Weihnachten ohne Schnee. Nachdem die Band aus El Paso für die ruhigen Momente des Melts gesorgt hat, ging es wuchtig weiter. Tyler. The Creator übernahm die Mainstage und beweiste in einer fulminaten Show, dass er zurecht eines der großen Dinger im US-Rap aktuell ist. Der Übergang zwischen Splash und Melt ist inzwischen fast fließend. Das beweist, dass sowohl Tyler. The Creator als auch Yung Hurn auf beiden der Schwesterfestivals in Ferropolis spielten.
Danach war es endlich Zeit für Florence Welsh und ihre Band – den heiß ersehtesten Act des Abends. Die rothaarige Sängerin aus London bot eine Show, die dem Siegel Headliner-Slot mehr als gerecht wurde. Von Sekunden eins an hüpfte Florence frenetisch über die Bühne und zog das Publikum in ihrem Bann. Zumindest für diese eineinhalb Stunden vermittelte die Sängerin von Hits „Dog Days Are Over“ oder „Shake It Out“ einem den Eindruck als wenn die Welt ein Ort voller Frieden und Glückseligkeit ist.
Die Gitarre auf dem Melt nur noch eine Randerscheinung
Als Freund von Gitarrenmusik muss man schon genauer durchs Line-Up forsten, um glücklich zu werden. Aber das Berliner Garage-Rock-Duo beweist, dass die Klampfe auch 2018 noch ihre Daseins-Berechtigung auf dem Melt Festival hat. Stilecht mit Columbia von Oasis – die 2009 ihre letzte Deutschland-Show auf dem Melt spielten – maschierten Andreya und Laura mitsamt ihrer Band ein und bewiesen vor der gut gefüllten Main Stage einmal mehr ihre phänomenalen Entertainer-Qualitäten. Im Anschluss bot das Melt ein wildes Potpourri aus den unterschiedlichsten Genres und hatte praktisch für jeden Festival Besucher mindestens einen passenden Act dabei. Alma überzeugte mit ihrem bunten Electro-Pop, Rex Orange County bewies mit seinem Alternative-Soul, dass er aktuell zurecht als einer der heißesten Newcomer auf dem Planeten gilt und WhoMadeWho lieferten eine euphorisierte Indie-Pop-Show. Unseren Abschluss des Abends bildete Fever Ray, die sich mit ihrer queer-feministischen Electro-Pop-Show voller Sex und Provokation endgültig von The Knife emanzipiert hat.
The xx – wie gemacht fürs Melt
Am Sonntag zogen sowohl die US-Indie-Popper Tune-Yards als auch die Berliner Exil-Australier Parcels das Los während des WM-Finals spielen zu müssen. Trotzdessen liesen sie sich ihre Freunde nicht nehmen und lieferten nicht nur den Fußballmuffeln einen wahren musikalischen Hochgenuss. Mit Badbadnotgood wurde anschließend sogar eine Prise Jazz auf dem Melt verteilt – ein weiterer Beweis, dass das Melt musikalisch in alle Richtungen offen ist und es selbst für die arivierten Melt-Besucher immer wieder Neues zu entdecken gibt. Nach der energetischen Show von Little Dragon um die beeindruckende Frontfrau Yukimi Nagano ging das Festival mit dem Auftritt von The xx von uns zu Ende. Eine Band, die mit ihrer Kombination aus vielen unterschiedlichen Genres und dem Spiel aus elektronischen und organischen Sounds praktisch wie gemacht für das Melt zu sein scheint: Der perfekte Abschluss ein wunderbaren Festivalwochenendes.
Auch dieses Jahr lieferte das Melt wieder ein riesiges Spektakel und ist als Besucher ein wahrer Genuss. Allerdings muss man auch sagen, dass sich das Festival immer mehr von seinen Wurzeln entfernt. Während früher noch drei bis vier Bühnen parallel mit Live-Musik bespielt wurden, liegt der Fokus inzwischen deutlich mehr auf diversen elektronischen Acts und ist deshalb nicht mehr unbedingt das Festival was meinen persönlichen musikalische Preferenzen entspricht. Als Electro-Fan ist das Festival aber nach wie vor einer der wichtigsten Hot-Spots der europäischen Musikszene. Auch abseits der großen Bühnen auf denen etablierte Größen wie Modeselektor oder Robag Wruhme auflegen, findet man z.B. etwas versteckt im Wald immer wieder neue spannende Acts.