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José González sorgt für Wohnzimmer-Atmosphäre im Tempodrom

Ein Beitrag von Jonas
vom

Am Dienstag, den 3. November spielte José González im Tempodrom und hinterließ einen bleibenden Eindruck bei uns. Wie genau er das machte, könnt ihr hier nachlesen!

Ein Gefühl winterlicher Melancholie

Draußen plätschern die Schneeflocken gegen die Scheibe, durch die Wohnung dringt der Geruch von frisch gekochten Tee. Jeder kennt diese Zeit des Jahres in der wir mehr Zeit in unseren eigenen vier Wänden als draußen verbringen. Die Zeit, in der wir uns in Büchern verlieren und das Knistern unserer Lieblingsplatten genießen. Man lässt seinen Gedanken einfach mal freien Lauf, reflektiert Vergangenes und blickt optimistisch in die Zukunft. Dieses Gefühl der winterlichen Melancholie versprühte José González und seine Band gestern Abend im Tempodrom.

Überpünktlich kurz vor neun betrat José alleine nur mit seiner Gitarre ausgestattet die Bühne. Die ersten Töne erklingen. Die Menge jubelt. Mit „Crosses“ beginnt der schwedische Folkmusiker gleich mit einem seiner größten Hits. Doch dann Stille. José unterbricht und stimmt sein treues Gefährt neu. Dann geht es wieder los und das Publikum jubelt erneut. Noch lauter als beim ersten Mal. Gleich mit seinen ersten Song holt José das Publikum ab und man fühlt sich sofort ganz weit weg von den Alltagsproblem, wie in einem Traum fern der Realität.

Jose Gonzalez Tempodrom
© Jonas Amelong

Nicht immer im Rampenlicht

Zum zweiten Song stößt die vierköpfige Band zu José González. Das macht dieser intimen, intensiven Atmosphäre aber keinen Abbruch. Durch die zweite Akustikgitarre, dem Keyboard, den Congas, dem Schlagzeug und je nach Bedarf anderen Instrumenten gewinnt Josés Musik noch eine gute Position zusätzlicher Kraft. Im Folgenden wechseln sich eher düstere, melancholische Songs mit kraftvollen, optimistischen ab. José spielt Songs quer durch seine komplette Diskographie. Der Fokus lag aber gerade zu Beginn der Setlist auf der neuesten Platte „Vestiges & Claws“. Dabei stach vor allem „Leaf Off / The Cave“ heraus.

Circa zur Mitte des Konzertes gab es einen besonderen magischen Moment: Josés Keyboarder und Background-Sänger für die hohen Töne, der unter dem Künstlernamen Barbarossa aktiv ist, durfte mit „Home“ einen eigenen Song präsentieren. José Gonzalez übernahm diesmal den Hintergrundgesang. Unbedingt mal reinhören! Die besondere Atmosphäre während des Konzerts wurde unterstützt von der winterlichen Bühnenkonstruktion. Hinter den Musikern waren mit Hilfe von Lichtern Berge über denen Wolken und Schneeflocken hingen, dargestellt und man fühlte sich ein bisschen, wie in einer kleinen schwedischen Hütte irgendwo mitten im Wald.

Jose Gonzalez Tempodrom
© Jonas Amelong

Der Meister der Cover-Versionen

Wenn José González für eins bekannt ist, dann für sein Arrangement von Coverversionen im Folkstil. Er macht Songs von denen man eigentlich denkt, dass man sie gar nicht nur mit einer Akustikgitarre spielen kann, komplett zu seinem eigenen. So dass seine Version von „Heartbeats“ wahrscheinlich deutlich bekannter als das Original von The Knife. So bildeten auch diese grandiosen Neuinterpretierungen das Ende der regulären Setlist. Erst „Teardrop“ im Original von Massive Attack und im Anschluss dann mit „Heartbeats“ seinen vermutlich bekanntesten Song.

Nach dem überschwänglichen Jubel lies es sich der Schwede mit argentinischen Wurzeln natürlich nicht nehmen noch mal die Bühne des Tempodroms zu betreten. Wie beim Beginn des Konzerts, wieder komplett alleine und erneut passiert das gleiche. Die ersten Töne erklingen (diesmal von Line of Fire), das Publikum jubelt und José unterbricht erneut. Beim zweiten Versuch klappt dann aber alles einwandfrei. Aber auch diese Malheurs geben der Qualität des Konzerts keinen Abbruch. Ich mein, ist es nicht das, was wir alle wollen. Diese perfekte Unperfektheit, die jedes Konzert einmalig machen lässt? Im Anschluss kam wieder seine grandios aufgelegte Band auf die Bühne und es wurden mit „Deadweight on Velveteen“ oder „Down the Line“ zwei weitere Songs gespielt. José verabschiedete sich mit ein paar Worten deutsch und ließ die Menge in die Berliner Nacht. In den Köpfen wird dieser Abend aber wahrscheinlich noch lange Bestand haben. Für mich eines der besten Konzerte des Jahres.

 

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