Es ist Freitagabend und in der frisch eröffneten Verti Music Hall versammelten sich Jung und Alt, Pärchen, Familien und Frauengruppen, um der rauchigen Popstimme vom Schwiegermutter-Traum George Ezra zu lauschen. Ein Abend, wie er kaum gemischter hätte sein können.
Der 25-jähirge Brite aus Bristol schafft es wie kaum ein anderer, so viele verschiedene Generationen zum Miteinander zu vereinen. Zuletzt war das wahrscheinlich Stefan Raab, der Samstags zum Wochenendhighlight lud. Nun ist er im TV-Ruhestand und die Familien verlegen die Wohnzimmer woanders hin. In eine Konzerthalle zum Beispiel. UndvShowmaster des Abends war: Georgi.
Entgegen der Vermutung, dass hauptsächlich junge Teenie-Mädchen Kuscheltiere auf die Bühne schmeißen und Seen voller Tränen vergießen, hielt es vor allem auch die Ältere nicht davon ab, ordentlich zu tanzen und ja, auch zu schunkeln.
Wenn George Ezra von Barcelona erzählt…
Die Setlist war ein bunter Mix aus Songs der neuen Platte Staying at Tamara’s und seinem Erfolgsdebüt Wanted On Voyage (2014). Ebenso war auch die Mischung der übertragenen Vibes – nach einem recht entspannten Einstieg, schlug er mit seinem Song Barcelona sehnsüchtige Klänge an, um dann mit Pretty Shining People den Großteil der Halle samt Oberrang zum Tanzen zu bringen. Seine Hits schlugen allesamt ein. Mit Paradise setzte er dann nochmal einen oben drauf und ließ auch das letzte ruhige Bein zucken. Entstanden ist der Song übrigens als er in Kalifornien war – krank. Die Geschichte dazu war nur eine von vielen kleinen Anekdoten des Abends und zu seiner Musik. Wobei seine Erzählstimme mindestens genauso kraftvoll und beeindruckend ist, wie sein Gesang. Und All My Love lief sicherlich bei vielen später noch im Schlafzimmer.
…und über Budapest
Und dann endlich, als letztes Lied vor der Zugabe, erlöste er viele seiner Fans und spielte endlich Budapest. Auch hier wieder einer Anekdote: Aufgrund eines Katers war er nicht in der Lage von Malmö nach Budapest zu fahren (Grund war Billigrum, um den Eurovision Songcontest zu „überleben“). Die größte Herausforderung war jedoch, der höchst euphorischen ungarischen Presse zu erklären, dass der Top-Hit so gar nichts mit der Stadt zu tun hat. Wie auch immer. Dem Publikum gefielen die Geschichte und die Darstellung.
Verabschiedet hat sich Georgi dann mit Shotgun – welches anscheinend im Radio hoch und runter laufen muss, und die Verti Music Hall dabei nochmal in eine Partylocation verwandelte.
Nach nicht mal eineinhalb Stunden verschwand er von der Bühne, hinterlies aber ein allgemein sehr zufriedenes Publikum. Der Abend war wie eine Mischung aus Karneval in Rio und Countryclub – unterhaltsam, spaßig aber ohne Dramaturgie.
George Ezra live in Berlin
Ein ganz persönlicher Epilog zur Verti Music Hall
Gegenüber der Mercedez Benz Arena ist wie aus dem Nichts eine Art Amüsiermeile entstanden. Oder eher eine Viertelmeile. Neben bekannten Food-Ketten und der Verti Music Hall wurde dort auch eine Bowling-Center und ein Kino gebaut. Nebenan ein weiteres Shoppingcenter, was einem Schiff ähnelt. Warum noch mehr davon, fragt man sich als Berliner.
Nichtsdestotrotz hat die Halle einen Versuch verdient und deswegen hier die ersten Eindrücke:
- Die Sicherheitskontrollen sind strenger als an den Berliner Flughäfen.
- Das Personal war dafür viel freundlicher.
- Nach anfänglichen audio-technischen Problemen war der Klang allerdings sehr gut und klar.
- Recht unpersönliche Architektur, eine typische Mehrzweckhalle eben. Nach einem Konzert könnten die Veranstalter entspannt einen Diskokugel installieren und dort einen Abiball feiern.
- Es wird versucht, hip und „exklusiv“ zu sein durch dunkle Wände, viel Holz und durch einen abgesperrten VIP-Bereich, an dem aber auch alle vorbei müssen, die in den dritten Oberrang müssen.
- Die VIP-Balkone waren bestückt mit Premium-Sesseln, die nicht mal bei Lufthansa in der First Class verbaut werden. Klassentrennung per excellence.
- Wobei die Sitzplätz für die Nicht-Upper Class auch bequem waren.
- Nur die Getränkepreise werden nicht den Klassen angepasst und liegen gefühlt teilweise über denen in der Nachbar-Arena.