Der 05.10.2016 ist der Tag, an dem die Augustines mit ihrem letzten Deutschlandkonzert ihren Abschied feierten. In Erinnerung bleibt mir so einiges und davon ist vieles leider nicht so schön, liebes Publikum.
Es drängelte sich bis in die hintersten Reihen, was noch ein Ticket für die Show ergattern konnte. Die Hitze stieg und stieg bis ins unerträgliche. Kleider fielen zu Boden. Es roch nach Bier, nach Schweiß und allerhand unterschiedlichster Parfums und Deos. Am meisten jedoch roch man die Vorfreude auf das, was am heutigen Abend auf uns wartete und förmlich aus jeder einzelnen Pore kroch. Schon mit den ersten Klängen brach das ohnehin angespannte Publikum aus. Singchöre setzen ein, lautes Klatschen und breite Grinsen auf allen Gesichtern. Es ist nicht nur der Abend, an dem die kleine Band Augustines aus New York (damals noch We Are Augustines) ihre erste Show in Berlin spielten, es ist auch mit viel Distanz das Zeugnis einer Entwicklung, die diese Ausnahmeband gemacht hat und das inklusive Publikum.
Mehr als warmschauckeln war nicht drin bei den Augustines
„Publikum“ ist etwas mehr als vier Jahre später genau das Stichwort. Die Augustines – mittlerweile um zwei weitere Alben reicher – geben ihr letztes Berlin Konzert. Die vermeintliche hübsche Location, das Huxley’s in Neukölln, ist zwar nicht die dankbarste für eine Band wie die Augustines, aber sicherlich auch nicht die schlechteste Wahl. Schon beim fein auserwählten Support Fatherson, darf man dem jugendlichen und logischen Nachfolger der scheidenden New Yorker lauschen. Langsames warmschauckeln für die umwerfende Farewell Show der Augustines beginnt. Meine persönliche Vorfreude steigt ins unermessliche. Hier wird gleich etwas großartiges zu Ende gehen. Ganz sicher, nur hatte das Publikum am heutigen Abend nicht so richtig Lust auf Abschied.
Tanzen Verboten
Buntgemischt, aber deutlich gealtert, haben sich von den Fans der vergangenen Jahre lediglich ein Großteil der kuschelnden Pärchen, schunkelnde Endvierziger und unaufgeregten Lauschern eingefunden. Mit „Headlong Into The Abyss“ geht es gut los, es folgen „Augustine“ und „Are We Alive?“. Billy McCarthy und Band haben Bock und zwar richtig. Nur das beinahe ausverkaufte Huxley’s kommt irgendwie nicht in Fahrt. Da geht mal ein verhaltener Arm nach oben, die Köpfe nicken ein wenig mit. Woraufhin auch die Augustines das Tempo runterzufahren scheinen. Eine intime Version von „Juarez“ und „Book of James“ folgen. Das kann es doch nicht sein, denke ich mir. Sieben Jahre Augustines gehen heute vorbei und das ist alles? Wenn das Volk auf halber höhe lieber lauschen mag, dann geht es eben nach vorne, da wo die Fans sind. Die, die mitfiebern und die Musiker vergöttern.
Die Augustines versuchten diesen Trauermarsch zu beenden, vergebens
Angekommen in der Stehparty der vordersten Reihen, hagelt es aber mehr Hass als Freude. „Ey, ich steh hier!“ haut mir einer an den Kopf. – Mein Hinweis, dass wir hier auf einem Konzert sind und wenn er bock auf rumstehen hat, dann solle er doch nach hinten gehen, prallte ebenso an ihm ab wie, die aufbauschende Energie die die Augustines durch die Halle peitschten. Selbst das kuschelnde Pärchen aus Reihe zwei vorne Mitte drehte sich verwundert um. Das war kein Abschied wie ihn die Augustines verdienten, das war ein Trauermarsch, eine stille Anteilnahme und in sich hineinheulen.
Hoffentlich bereut das Publikum sich nicht irgendwann selbst
Erst ein Pela Cover am Ende des ersten Drittels der Show vermochte die Menge in Bewegung zu setzen. Doch schon mit dem letzten Ton verpuffte die aufkeimende Energie ebenso, wie die unzähligen Versuche von Multiinstrumentalist Eric Sanderson, die Leute wach zu rütteln. Selbst Band-Drummer Rob Allen verschlug es auffällig oft an den Rand der Stage. In der Folge der gut zwei Stunden (2!) andauernden Show machten die Boys aus New York eigentlich alles, was in ihrer Macht stand, um diesem Abschied gerecht zu werden – Storytelling auf dem Monitor, ein qualmender McCarthy, der merkwürdig tanzende Trompetenspieler, tolles Soli bei „Weary Eyes“, sogar ein McCarthy, der sich offenbar weinend verabschiedete – nichts half um die unterkühlten herbstlichen Herzen der Zuschauer zu erweichen. Und so bleibt nach zwanzig Songs nur zu sagen, ihr wurdet diesem Abschied nicht gerecht, liebes Publikum. Dafür solltet ihr euch ein bisschen schämen und hoffentlich behalten euch die Augustines in besserer Erinnerung.