Als Bear’s Den vor knapp zwei Jahren im Fahrwasser von Mumford and Sons auf den Plan traten war mein erster Gedanke “bitte nicht noch eine Folk-Band!”. Diese schossen in den letzten Jahren bekanntlich wie Pilze aus dem Boden und leider waren die wenigsten davon genießbar. Bear’s Den sollten sich dagegen als die Trüffel unter diesen Pilzen erweisen. Selbst wenn man wie ich kein großer Fan von Banjos ist, kann man nicht leugnen, dass sich auf ihrem 2014 erschienen Debüt “Islands” eingängige und durchdachte Songs wiederfinden. Eine gemeinsame Tour mit den Genre-Kollegen von Mumford and Sons verhalf schnell zum wohlverdienten Ruhm.
Es geht auch ohne Banj0
Knapp zwei Jahre später trennten sich Sänger Andrew Davie und Multi-Instrumentalist Kev Jones, die nach wie vor den Kern der Band ausmachen, freundschaftlich von ihrem dritten Gründungsmitglied und Gitarristen Joey Haynes. Live werden sie von vier weiteren Musikern unterstützt. Wie schon Mumford and Sons auf ihrem letzten Album “Wilder Mind”, haben nun auch Bear’s Den die Banjos an den Nagel gehangen. Nicht Abschaffen, sondern Wandeln ist die Devise. Mag man nach dem Lesen des Pressetextes noch skeptisch sein, so überzeugen schon die ersten Töne des Titelsongs “Red Earth & Pouring Rain”, dass Bear’s Den diese Metamorphose geglückt ist.
Wir wollten ein Album machen zu dem man Nachts herumfahren kann
Auch wenn die Folk-Wurzeln noch hier und da durchkommen (z.B. auf “New Jerusalem” oder “Auld Wives”) standen hier klanglich 80er Jahre Größen wie Fleetwood Mac, Bruce Springsteen und Dire Straits Pate. Dass auf “Dew On The Vine” und “Greenwood Bethlehem” dann der Drumcomputer fröhlich vor sich hin trommelt ist wiedererwartend harmonisch und fügt sich perfekt in den Klangteppich aus sanften Synths, gezupften Gitarren und Davies warmen Gesang ein. “Broken Parable” ist sicherlich der eingängigste Song auf der Platte und hier wird auch noch mal das Banjo aus dem Keller geholt. Das perfekte Pop-Gerüst aus aus Versen und Refrain wird untermalt von eine Symbiose aus elektronischen Klängen und Folk-Ästhetik.
Perfekt komponierte Pop-Musik
Bear’s Den verpacken Kindheitserinnerungen (“Auld Wives”, “Napoleon”) und Herzschmerz (“New Jerusalem”, “Greenwoods Bethelem”) gekonnt in poetisch gestrickten Metaphern aus Kurzgeschichten, Gedichten und nicht zuletzt biblischen Erzählungen. Lyrische Eloquenz dieser Art ist selten auf modernen Pop-Alben anzutreffen doch Bear’s Den gelingt dieser Spagat ohne Pathos und Fremdschämen.
Mit “Red Earth & Pouring Rain” legen Bear’s Den eine perfekt durchkomponierte Pop-Platte vor ohne ihre Folk-Wurzeln komplett abzuschreiben. Für mich ist das nicht nur eine große Überraschung sondern auch eines der bisher besten Alben dieses Jahres. Bear’s Den wollten ein Album machen, zu dem man nachts durch die Gegend fahren und mitsingen kann – das ist ihnen gelungen. Harry, hol schon mal den Wagen!
Video: Bear’s Den – Auld Wives
4 Kommentare
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Hallo, vielen Dank für deine Rezension. Ich habe in das Album schon in der MP3 Version reingehört, finde es sehr schön und werde es als CD auch noch einmal verschenken. Da ich die Original-Verpackung in diesem Fall nicht aufmachen möchte, meine Frage: Kannst du mir sagen, ob in dem Booklet die Songtexte stehen?
Hallo Claude,
ich habe hier nur die Vinyl und da sind leider keine Texte dabei.
Viele Grüße
Deborah
Schön geschrieben und das Album perfekt erfasst!!
Top 🙂
Schön das sie dir gefällt 🙂