Das Erwachen der Macht – Wie Vinyl es allen zeigt!

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Die Vinyl ist auf dem Vormarsch und doch weit hinter vielen verschiedenen Medien wie CDs & diverse Streamingmodelle. Dabei hat das schwarze Glück doch einen entscheidenden nostalgischen Vorteil. Oder etwa nicht?

vinyltrend

© Chelsea Francis

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Wirft man eben mal einen genauen Blick auf die Musiklandschaft und die vorherrschenden Zustände im Bereich des Nutzerverhaltens, so muss man unweigerlich feststellen, dass es in dieser Hinsicht wahrscheinlich noch nie zuvor eine so breite Ausdifferenzierung unserer Konsumgesellschaft gegeben hat. Angefangen von den dominierenden Medien wie mp3-Stores und diversen Streamingdiensten, über Internetseiten wie You-Tube und Soundcloud, bis hin zu den klassischen physischen Formaten ala CD und Vinyl gestaltet sich das Angebot heutzutage vielfältiger denn je. Dass ausgerechnet die Schallplatte jedoch entgegen dem allgemeinen Konsens eine neue Hochphase verzeichnen kann, wirkt dann doch ein wenig verwunderlich. Sollte man jedenfalls meinen. Obwohl die Absatzzahlen der physischen Tonträger laut Auskünften der Plattenindustrien weiter auf dem Rückzug sind, erfährt das, von Musikfanatikern meistgeschätzte, in Polyvinylchlorid gepresste Scheibenformat schon seit Jahren wieder ordentliche Zuwächse.

Trotz dem unumstrittenen Nischendasein, welches die Schallplatte immer noch voller Leid ertragen muss, steht ihre Präsenz dagegen außer Frage. Diverse Elektronikgeschäfte errichten längst eigene Plattenabteilungen direkt neben den Regalen für CDs und bieten schicke Hi-Fi-Spieler in zeitgemäß, modernem Gewand gleich zum Verkauf mit dazu. Den Record-Store-Day markieren viele schon vorsorglich fett in ihrem Kalender und die wenigen, noch existenten Presswerke kommen mit ihren Maschinen täglich an die Grenze der Produktionskapazität; nicht zuletzt auch deswegen, weil viele Alben als Remastered-Versionen zusätzlich erneut frisch auf den Markt geworfen werden. Der Grund dafür ist relativ offensichtlich. Es gibt genügend Abnehmer, die die entsprechende Nachfrage stellen. Überraschenderweise tragen zu diesem Erfolg jedoch weniger die, von Nostalgie erfüllten Musikgreise aus früheren Zeiten bei, die ja ohnehin schon viel Geld in Vinyl investieren, als vielmehr der Schwung einer neuen, noch unerfahrenen Käuferschaft, die vielleicht zu Verstehen beginnt, dass man Musik nicht nur hören, sondern auch anfassen kann.

Eine Erhebung – über Vinyltrend und andere Fachsimpeleien

Fernab davon und der leidigen Frage, ob es sich hierbei nur um einen überhitzten Trend handelt, den die junge hippe Generation als Vorwand benutzt, um Kultiviertheit vorzutäuschen, weil Vintage ja bekanntlich “das Ding“ zu sein scheint, zeigt sich darin letztlich doch die Wertschätzung und Affinität, die einige bereit sind der Musik gegenüber zu bringen. Zahlenmäßig ist man zwar weit davon entfernt, von einem regelrechten Boom sprechen zu können; nur schlecht reden und unter den Tisch kehren ist ja auch keine wahrheitsgetreue Herangehensweise. Allein vom Hörensagen und den Statistiken darauf schließen zu wollen, wäre aber auch keine Überzeugungsarbeit, die wir hier leisten würden, weshalb wir aus gegenwärtigem Anlass und um unsere überschwängliche Neugierde zu befriedigen, der Frage nachgegangen sind, ob der Vinyltrend sich tatsächlich so auch im gesellschaftlichen Umfeld bemerkbar macht und haben deshalb die Experten zum Interview gebeten.

Rainer und Michael sind Vinylliebhaber, extrem sympathisch und betreiben mit ihrem Geschäft ,,Second-Hand-Records“ den größten Schallplattenladen im Stuttgarter Raum.
Es folgen fünf Minuten Fachsimpeleien : Hier geht es zum Interview. 

Wertverlust im Überfluss oder Streaming ist ja eigentlich kacke

Die klassische Musikformatierung, die in der Retrospektive von vielen als plumpes, umständliches und unökonomisches Medium tituliert wird, musste sich Stück für Stück den Formen handlich praktischer Innovationen beugen. Von mp3, dem Internet, Napster und seinen Nutzern wurde schließlich eine ganze Industrie zu Grabe getragen. Die digitalen Geister, die man unfreiwillig heraufbeschwört hat, wird man wahrscheinlich auch nie wieder los werden, weswegen den Firmen wohl oder übel nichts anderes übrig bleibt mit diesem Fluch zu leben. Das Streamingmodell präsentiert letzlich nur einen weiteren Versuch, aus der zu Unrecht entwerteten Musik, noch weiterhin Kapital zu schlagen und bildet dabei die konsequente Weiterentwicklung als Reaktion auf die Wünsche der meisten Nutzer, denen Bequemlichkeit schon immer als oberste Maxime galt.

Die befürchtete Tendenz der Medien in Punkto Individualisierung, Personalisierung und Digitalisierung scheint sich längst bewahrheitet zu haben. Neu heranwachsende Hörer werden nun durch diese Schnelllebigkeit und dem damit einhergehenden Konsumverhalten dazu erzogen, Musik einen gegenstandslosen, kurzweiligen Charakter zuzuweisen. Wo der Liebhaber das langlebige, generationsübergreifende, mit Fleiß und Erfahrung eingravierte Denkmal erkennt, sieht der Laie nur ein temporäres, überteuertes und viel zu aufwendig verpacktes Unterhaltungsprodukt. Bei Musik treffen die Geschmäcker ja bekanntlich aufeinander, aber dass auch der Stil des Kosums unterschiedliche Meinungen hervorruft hätte man vor 40 Jahren wahrscheinlich auch noch nicht gedacht. Musikalisches Fast-Food für die ,,Zapping“-Generation.

Das Vinyl Comeback – Ein Experiment

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Wegwerfgesellschaft – Musik im Einwegmodell

Hauptsache alles ist gratis, jederzeit verfügbar und im Übermaß vorhanden. Es geht nicht um die Wertschätzung der Arbeit und Kunst, sondern um die allgegenwärtige Disponibilität. Warum 25 € für eine hochpolierte Scheibe bezahlen, die man nur von zuhause abspielen kann, wenn man für weniger als die Hälfte eine transparente mp3-Version bekommt, oder für einen Jahresbeitrag Millionen von Songs sofort abrufen könnte ? Was einem nicht gefällt kann man skippen und was gefällt, landet auf absehbare Zeit in der aktuellen Favoriten-Playlist. Die wird alle paar Wochen kurzerhand erneuert und der Großteil der einst geliebten Tracks gerät zunehmend ins Vergessen. Es gibt ja kein CD- oder Vinyl- Cover das einen erinnert, welche Mukke denn noch vor einem Jahr durch die Kopfhörer dröhnte. Ein wahrer Musikliebhaber, der Musik nicht nur als kulturelle Unterhaltung, sondern auch als integrativen Bestandteil seines Lebens versteht, sollte es sich ebenso zur Aufgabe machen die Kunstform des Albums auch als solche wahrzunehmen. Wie kann ich von einem Künstler, bzw. einer Band überzeugt sein, wenn ich mir nur partiell Songs und Hits anhöre ? Die Form des Albums ist und bleibt ein Gesamtkunstwerk und gehört daher auch so gehört. Ein Superheldenfilm-Film besteht schließlich auch nicht nur aus der obligatorischen Endschlacht und überspitzten “One-Linern“.

Ambivalenz – Streamingmodell mit Schweibenwischereffekt

Dass das Streamingmodell natürlich auch dabei hilft, unbekannten Künstlern ihren Weg an die massiv überfüllte und Genre-verschwommene Oberfläche des musikalischen Ozeans zu finden, steht außer Frage. Um ihre Musik zu promoten, einen Kanal zu den Fans aufzubauen, oder Aufmerksamkeit zu generieren, kommt das Internet den Bands einem Heilsbringer gleich. Radiohead haben zuletzt mit dem Trubel um ihr neues Album, daran eindrucksvoll ein Exempel statuieren können. Wer aber ernsthaft die Meinung vertritt der Indie- und Alternative-Szene mittels weniger Klicks den Kühlschrank füllen zu können, der recherchiere an dieser Stelle bitte einmal selber über Tantiemen und Gewinnausschüttungen, die den Künstlern via Streaming und Downloads zu Teil werden.

Spätestens jetzt wird klar, dass die gesamte Thematik unkontrollierbare Größen einnimmt und wir noch viele weitere Gesichtspunkte beleuchten könnten. Stattdessen belassen wir es fürs erste aber an dieser Stelle und fordern euch dazu auf Stellung zu beziehen. Wie konsumiert ihr bevorzugt Musik und was haltet ihr vom Streamingmodell? Wo liegen eure Präferenzen und Wertvorstellungen ? In welchen Punkten stimmt ihr uns zu, oder habt eine andere Sicht der Dinge? Schreibt es uns. Jetzt!

Text: Maximilian Hack

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Hi, ich bin Philipp ...

ich kann mich wochenlang mit dem selben Song beschäftigen und trotzdem jeden Tag neues entdecken. Mein Herz schlägt für gutes Essen und noch besseres Bier, am besten kurz vor einem Konzert. Meine große Liebe ist aus Stahl und ca. 35 Jahre alt. Auf ihren zwei Rädern ist sie rasend schnell. Hin und wieder zieht es mich nach Skandinavien, da ists immer so schön kühl. Und immer mit dabei ist der Soundtrack Of My Life gespickt mit Songs von Death Cab For Cutie, Foals, Nada Surf u.v.m. Olé Olé FCB

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