Alles aus Liebe: Umweltschutz, Punkrock und Regenschauer zwischen 60.000 Fans begleiten die vier Konzerte der Toten Hosen, Feine Sahne Fischfilet, Thees Uhlmann und Stoned Jesus auf dem Tempelhofer Feld.

© Vera Klemt / herzmukke>
Die vollen U-Bahnen lassen es schon um 14 Uhr vermuten – dieses Event wird groß. Vier Bands hintereinander spielen auf der Geburtstagsfeier der Punk-Rock-Band. Trotz der Regenschauer ist die erste Reihe schon ausgebucht, als die erste Vorband spielt. “Stoned Jesus” sind aus der Ukraine als Trio angereist und spielen Stoner Rock, der an Tool erinnert. Ohne Roadies mussten sie ausreisen, die Umstände sind schwierig. An einer guten halben Stunde Top-Sound hindert sie das nicht. Die Hosen-Fangemeinde ist durchmischt, doch viele haben ein Herz für Hardrock. Es wird genossen und lautstark applaudiert. Mit einem fast kleinlauten “Thank you” verabschiedet sich die Band und “Thees Uhlmann” betritt kurze Zeit später den Platz. Gerade die älteren Fans werden ordentlich angeheizt. Auch die zweite Reihe füllt sich zunehmend, während die Cover-Songs ertönen.
Alles auf Rausch bei Feine Sahne Fischfilet
Nach den zwei Vorbands betritt Monchi von “Feine Sahne Fischfilet” die Bühne. Die Menge wird sofort heiß, als “Zurück in unserer Stadt” ertönt. Bald darauf gehen die ersten Bengalfeuer los. “Alles auf Rausch” ertönt; es wird gerudert, gehüpft und gegrölt. Die Stimmung und der Pegel steigen. Zu den “Gesichten aus Jarmen” wird die bekannte aufblasbare Likörflasche, samt Sänger, in die Crowd gelassen, während in der zweiten Reihe vier Moshpits gebildet werden. Monchi bekommt ein grünes Bengalfeuer in die Hände “Ich liebe den Geruch von Pyro!”, grinst er. Beim Lied für seine Eltern, holt Monchi prompt “Mama-monchi” auf die Bühne. “Sollte ich mal Kinder haben, will ich so sein wie ihr” erwärmt die Herzen. Nicht nur Monchi ist mit seinen Eltern da. Viele feiern diesen tag mit ihren Kindern. Es ist nicht nur Geburtstagsfeier, sondern auch ein großes Danke, an alle Beteiligten, was an diesem Samstag abgelegt wird.
Auch ihr neuer Song kommt gut an, doch danach gibt es gemischte Gefühle. Die Band verweist noch ein mal auf die Seenotrettung von Iuventa, die sie seit jahren unterstützen. gerade unter den aktuellen Umständen, gibt der Song “Zuhause” zwar Feierpotential, aber auch ein flaues Magengefühl. Plötzlich herrscht Ruhe. Zu “Warten auf das Meer” verdrückt der ein oder andere schon ein Paar Tränchen.
Abschließend singen alle “Wir haben immer noch uns” mit und mit diesem familiären Gefühl, nicht alleine zu sein, mit allem, was in der Welt so passiert, gehen Feine Sahne von der Bühne.
Die Toten Hosen: Punk-Rock und Ökostrom
Zum Start der Hosen-Songs sind alle Reihen prall gefüllt. Als der Trailer auf der großen Leinwand erscheint, jubeln alle und schon bald hüpfen die Reihen. „Ich will ehrlich sein“, sagt Campino zur Menge am Flughafen Tempelhof. „Es gibt schlimme Geburtstage dieses Jahr. Morgens, wenn ich aufstehe, fühle ich mich wie 80, mittags wie 75.“
Campino ist vor kurzer Zeit 60 geworden – was ihn natürlich nicht von einem starken Konzert abhalten kann. “Bonnie und Clyde”, „Halbstark“ und anderen bekannten Ohrwürmern der Band werden gespielt, und von roten Bengalos, Lichtshows von allen Seiten und wehende Fahnen der Fans begleitet.
Die Stimmung zu dem bekannten Titel “Paradies” lässt sich kaum in Worte fassen. Von allen Seiten wird es mitgesungen und jeder mit einem anderen Gefühl dahinter. Diese geballte Energie haut einen inmitten der Leute fast um. Weiter wird über die bekanntesten Songs geschrabbelt; „Laune der Natur“, „Tage wie diese“ und noch viele mehr. natürlich gehört es sich nicht anders, als dass von der ersten bis zur letzten Reihe alles sitzt, bevor es heißt: “Steh auf wenn du am Boden bist” und alle aufspringen. Die Energie der Leute scheint endlos zu sein; 120.000 Hände winken hin und her während “Weil du nur ein Mal lebst oh-ohoh!” als Chor gegrölt wird.
Zwischen all dem Schweiß, der Energie und den müden Knien erklärt Campino, dass dieses Event durch das Labor Tempelhof als Pilotprojekt begleitet wird. Die sonst über 100 Mio Liter Wasser, die ein Konzert in diesem Ausmaß verbraucht, konnten so drastisch reduziert werden. Es ist das erste Konzert dieser Größe, das nicht nur “keinen Bock auf Nazis” hat, sondern auch noch rein mit Ökostrom betrieben wird.
Richtung letzem Drittel wird das Tempo noch mehr angezogen. Große Moshpits gibt es aber zu “Hier kommt Alex” in den hinteren Reihen nicht. Bei den kleinen Pogogruppen wird sich jedoch nach jedem Song abgeklatscht und die Hand gegeben, so als kenne man sich seit Jahren.
Zum Ausklang wird in einem irren Tempo auch der altbekannte “Eisgekühlte Bommerlunder“ gespielt. Diesen konnte man auch beim Heimweg noch von beschwippsten und glücklichen Fans hören.
Heute konnten die Toten Hosen in meien Augen drei Dinge beweisen; sie sind noch immer Punk im Herzen, können verdammt gute Hits schreiben und müssen niemandem mehr etwas beweisen. Über 30 Titel der Hosen und so ein Konzerttag von 8 Stunden gehen zu Ende. Um Punkt 23 Uhr wird wegen der Lärmbelästigung “Tschüss” gesagt und Campino hat recht: “Es war wunderschön mit Euch!”